Einen Tag nach dem gewaltigen Erdrutsch auf den Philippinen gibt es kaum noch Hoffnung, in dem von der Landkarte verschwundenen Dorf Guinsaugon Überlebende zu finden: Von den 1.857 Einwohnern konnten bis zum Samstag nur 57 gerettet werden, alle anderen verloren nach Befürchtungen der Behörden in der Welle aus Schlamm und Geröll ihr Leben. Wegen weiteren Regens mussten die verzweifelten Rettungsversuche immer wieder unterbrochen werden.
"Vor wenigen Minuten rutschten weitere Erdhügel auf das Dorf, und die Bergungskräfte mussten selbst um ihr Leben rennen", sagte ein Sprecher der an der Suche beteiligten Streitkräfte. Wegen der akuten Gefahr evakuierten die Behörden elf Dörfer auf der Insel Leyte. Rosette Leria, die Gouverneurin der Provinz Süd-Leyte, erklärte, alle diese Gemeinden hätten ähnliche Bedingungen wie das Dorf, das am Freitag komplett verschüttet worden war. Die Bewohner wurden in sieben Notunterkünften untergebracht. Ein Kind, das am Freitag zunächst lebend aus dem Schlamm in Guinsaugon geborgen wurde, erlag in der Nacht seinen schweren Kopfverletzungen.
Mehrere Kinder unter den Verschütteten vermutet
Die Suche konzentrierte sich am Samstag auf einen Platz, an dem eine Grundschule stand, in der sich zur Zeit der Geröll-Lawine 250 Kinder und Lehrer aufhielten. Unbestätigten Berichten zufolge verschickten überlebende Verschüttete SMS-Nachrichten. Zunächst fanden die sechzig entsandten Soldaten aber nur Leichen. Von der Schule und anderen Häusern ragten nur noch einige Trümmer aus dem bis zu zehn Meter tiefen Schlamm. "Es ist unmöglich, sich in dem Gelände zu orientieren", berichtete der Überlebende Eunerio Bagaipo. Der 42 Jahre alte Bauer verlor zwei Brüder und mehr als zwanzig weitere Verwandte. "Es gibt nur noch Erde und Matsche."
Die Rettungsarbeiten wurden immer wieder durch neue kleinere Erdrutsche gefährdet. Gouverneurin Lerias rief die Menschen dazu auf, mit den Händen zu graben, weil der Schlamm zu weich für schweres Gerät sei. Die meisten freiwilligen Helfer wurden nicht auf das 40 Hektar große Areal gelassen. Die Behörden verhängten überdies ein Flugverbot über der Zone, damit Helikopter keine weiteren Lawinen auslösten.
Massive Rodungen für die Tragödie verantwortlich gemacht
Das Internationale Rote Kreuz forderte eine Soforthilfe von umgerechnet 1,3 Millionen Euro, um den Menschen Notunterkünfte und andere Hilfsgüter zur Verfügung stellen zu können. Die US-Regierung verlegte zwei Kriegsschiffe in die Region und kündigte an, Soldaten für Rettungsarbeiten abzustellen. Rund 6.000 US-Soldaten sind auf den Philippinen stationiert. Australien stellte 740.000 US-Dollar Soforthilfe bereit. Thailand, der nördliche Nachbar der Philippinen, brachte medizinisches Gerät und Medikamente auf den Weg.
Überlebende machten die massiven Rodungen in der Region für die Katastrophe verantwortlich. Dem Erdrutsch war zweiwöchiger Regen vorausgegangen. Für die Insel Leyte ist es nicht die erste derartige Tragödie: Im November 1991 kamen bei Erdrutschen und Überschwemmungen infolge eines Tropensturmes 6.000 Menschen dort ums Leben. Im Dezember 2003 begruben Schlammlawinen 133 Menschen.