Weil sie zur Kaste der "Unberührbaren" gehören, werden Väter wie Murugeshan mit ihren Familien Berichten zufolge im Süden aus Auffanglagern für Flutopfer geworfen. Andere Bewohner hindern sie daran, Toiletten zu benutzen; sie werden aus den Schlangen vor Essensausgaben weggedrängt und dürfen nicht einmal aus Wasser- Kanistern der UN trinken, weil die Leute sagen, die „Unberührbaren“ würden das Wasser sonst "vergiften".
Indiens Sozialhierachien hindern die "Dalit" am Aufbau
Familien wie Murugeshans in der am schwersten betroffenen Südprovinz Tamil Nadu, die 7932 der 9691 Toten in Indien beklagt, sind doppelt bestraft. Erst hat die Flut ihnen alles geraubt, jetzt verhindern Indiens rigide Sozialhierarchien, dass sie sich von ihrem Leid erholen und ihr Leben wieder aufbauen können. Murugeshan gehört zu den "Dalit" - den Unterdrückten, wie sie sich selbst bezeichnen. Der Freiheitskämpfer Mahatma Gandhi hatte sie "Harijan", Kinder Gottes, genannt.
Sie machen etwa 15 Prozent der Bevölkerung aus. Laut Gesetz ist die Benachteiligung auf Grund der Kaste zwar verboten. Tatsächlich aber werden die Dalit bis heute diskriminiert. Sie verdienen ihren Unterhalt als landlose Arbeiter oder durch Arbeit, die als unrein gilt, wie Straßenfegen oder Lederherstellung.
Keine Regierungshilfe für die Dalit
"In vielen Auffanglagern gibt die Regierung ihnen keine Hilfe, weil es heißt, dass die Dalit von dem Tsunami nicht betroffen seien", sagte Ravi Chandran von der regierungsunabhängigen Hilfsorganisation Village Development Society (VDS). Chandran arbeitete im südlichen Bezirk Nagapattinam in Tamil Nadu, wo mehr als 91.000 Menschen in 96 Auffanglagern untergebracht sind, sowie in Cuddalore, wo mehr als 24.000 Menschen in 38 Camps leben. "Wir haben eine Petition vor zwei Tagen an die Polizei und die Staatsregierung geschickt, um die Hilfe für die Dalit zu beschleunigen, weil sie nichts bekommen", sagte Chandran. Doch eine Antwort sei ausgeblieben.
"Was das Schlimmste ist, ist, dass die Polizei und die betroffenen Fischer unseren Leuten nicht erlauben, den Dalit Nahrung und Wasser zu bringen", sagt Chandran. Vor einigen Tagen sei ein Dalit im Ort Porayar von der Polizei zusammengeschlagen worden, weil er von einer Hilfsorganisation Reis genommen habe. "Sie zerstörten sogar, was von seinem Haus übrig geblieben war". Ein Journalist der indischen Zeitung "The Indian Express", der die Region besuchte, berichtete am Freitag von Dalit, die aus Auffanglagern und Schulen verstoßen wurden, wo sie Schutz gesucht hatten. Andere waren gezwungen, alte Lebensmittel zu essen und durften Unicef bereitgestellt hatte.
"Wir diskriminieren sicherlich nicht. Aber wenn die Fischer es selbst tun wegen ihres lokalen Status, was kann die Regierung da tun?", zitierte die Zeitung einen Beamten. Ein Unicef-Sprecher in Madras, der Provinzhauptstadt von Tamil Nadu, sagte, er wisse um keine Diskriminierung in den Camps.
in Überlebender der Dalit schilderte dagegen der Zeitung, wie er und andere in einem Lager gehindert wurden, sich den Lastern der Hilfsorganisationen zu nähern. Viele Dalit seien gezwungen, auf der Straße zu hausen, sagt ein Vertreter der Freiwilligen-Organisation AID. "Wir sind dabei, separate Einrichtungen für sie zu schaffen". Helfer in der Region wollen jedoch keinen großen Wirbel um das Thema machen, um nach der Flutkatastrophe nicht auch noch Gewalt unter den Kasten zu entfachen.