Vermissten-Suche Fünf Freunde für die Flutopfer

  • von Britta Hesener
Abseits von Hilfsorganisationen und Medien ruft die Tsunami-Katastrophe in Südasien auch Privatleute auf den Plan. Nie zuvor haben mehr Menschen nach Vermissten gesucht - das Internet macht es möglich.

Das Internet gibt es seit 35 Jahren. Wie sehr es die Welt verändert hat, zeigt es erst heute angesichts der größten Naturkatastrophe der jüngsten Zeit. Nie zuvor haben sich so viele Privatpersonen an der Suche nach Vermissten beteiligt. Das World-Wide-Web weckt offenbar einen bisher brachliegenden Tatendrang - statt untätig vor dem Fernseher zu sitzen, wollen sich immer mehr Menschen aktiv einbringen.

Als die beiden selbständigen Medienunternehmer Stefan Zimmermann und Stefan Oberrieder mit ihren Freunden Stefan Bösl, Benno Geismann und Sabine Rust die ersten Bilder von der Flutkatastrophe am zweiten Weihnachtsfeiertag sahen, hatten sie spontan die Idee, eine Internetseite mit Suchportal für Vermisste einzurichten. Spenden allein reichte ihnen nicht aus. Sie wollten direkt helfen, ihr Know-how einsetzen.

"Die meisten Seiten sind entweder völlig überlastet oder auf Englisch", sagt Stefan Zimmermann. Für die Fünf sei das schlicht ein Unding: "Viele Leute können kein Englisch und brauchen schnelle Hilfe." Innerhalb von zwei Tagen zogen sie ihre Internetseite hoch und verschickten Info-Mails an verschiedene Zeitschriften, Nachrichtensender und Medienunternehmen.

Die Suche bleibt nicht die einzige Funktion

Ihr Portal Asienflut.de, anfänglich "nur" eine Web-Suche, bauen die fünf Freunde nach und nach aus. Mittlerweile findet sich ein Forum sowie Listen mit wichtigen Telefonnummern, Adressen und Internet-Links.

Die Grundidee fünf Unternehmer heißt "Deutschland sucht". Nicht nur Angehörige Vermisster, sondern auch Freiwillige beteiligen sich an der Opfersuche. Jeder Helfer sucht sich aus der Vermisstenliste eine Person aus und durchforstet die weltweiten Datenbanken nach ihr. Sobald sich Hinweise finden, können diese an die Asienflut-Redaktion geschickt werden. Die jüngste Aktion der fünf Portal-Macher ist erfolgreich angelaufen. Etwa 100 Freiwillige haben sich bereits auf die Suche gemacht und 25 Hinweise gegeben. "Drei davon sind sehr heiß", so Stefan Zimmermann.

Die Seite der Deutschen ist nur ein Beispiel von zahlreichen privaten Suchseiten im Web. Selbst einstige Spezialangebote haben sich binnen Stunden zu digitalen Suchzentren umgebaut. Wie zum Beispiel Tauchernet.com. Das Forum der deutschen Tauchsport-Webseite ist schnell zu einer Informationstauschbörse für Verzweifelte geworden, die nach der Flut nichts mehr von ihren Freunden und Angehörigen gehört haben.

Die Vorteile des Internets erkannten ebenfalls Hilfsorganisationen und Behörden wie das Auswärtige Amt. Wo noch vor Jahren Telefonzentralen eingerichtet worden sind, die meist völlig überlastet waren, stehen heute Server. Hier laufen die Datenbanken mit den Informationen der Gesuchten und Suchenden. Hier kann jeder mit einem Internetzugang auf die Daten zugreifen - ohne Wartezeit.

Dass die Fünf von Asienflut.de mit ihrer privaten Initiative richtig lagen, zeigte sich innerhalb kürzester Zeit. Nach zwei Tagen hatten bereits mehr als 2000 Leser die Seite genutzt. Mittlerweile sollen es täglich rund 23.000 sein. "Damit haben wir nie gerechnet", sagt Stefan Zimmermann überwältigt von dem Erfolg. Seit Ende Dezember liegt das Privatleben der engagierten Freunde daher still. Sie arbeiten inzwischen 24 Stunden am Tag. "Mich hält eigentlich nur noch der Kaffee wach. Aber das ist egal. Das wichtigste ist jetzt die Suche", so der 22-Jährige.

Auch die Duisburgerin Dagmar Sall-May nutzt das Internet, um mit einem ähnlichen Projekt schnell und unbürokratisch zu helfen. "Ich muss mich sozial engagieren. Ich kann nicht anders", sagt die Unternehmerin. Sie hat die Seite Fluthilfe-Deutschland eingerichtet, auf der Flutopfer in einer Datenbank als vermisst, gefunden oder gestorben gemeldet werden können. Zusätzlich sind die Verletztenlisten der thailändischen Krankenhäuser direkt auf der Seite einsehbar. Die Resonanz auf das Projekt sei enorm, sagt Dagmar Sall-May, die Zahl der Nutzer geht täglich in die Millionen.

Doch die Hilfe über das Internet hat auch ihre Grenzen. Gerne würden die Helfer von Fluthilfe-Deutschland auch die Toten und Verletzten aus den indischen Krankenhäusern in ihre Listen aufnehmen. Diese Daten konnten sie aber bisher nicht ermitteln, weil sie große Probleme haben, Informationen aus Indien zu bekommen.

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