Stolpern Astronautinnen beim ersten Schritt auf dem Mars? Eine Studie des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) soll das herausfinden. Die Forschenden suchen dafür zwölf Menschen, die an einer 60-tägigen Bettruhestudie in Köln teilnehmen. Das Experiment in Zusammenarbeit mit der Nasa simuliert die lange Reise in der Schwerelosigkeit zu einem anderen Planeten. Die Forschenden wollen herausfinden, warum Astronautinnen und Astronauten Koordinationsprobleme haben – und was dagegen hilft.
Die Probandinnen ziehen dafür für 88 Tage in eine medizinische Forschungsanlage. Sechzig Tage davon müssen sie liegen, der Kopf sechs Grad tiefer als die Beine. Auf diese Weise steige ein halber Liter Flüssigkeit in die obere Körperhälfte, schreibt das DLR, fast genauso wie im Weltall. Neben einem geschwollenen Gesicht, dem "Puffy face" verändere sich der Druck im Kopf.
Das führe zu Einschränkungen beim Sehen und zu anderen neurologischen Problemen. "Schwindel, Stolpern, Koordinationsstörungen. Das kann eine Mission gefährden", schreibt das DLR, beispielsweise wenn auf dem Mond oder Mars ein Stein liege, über den die Astronautin steigen müsse. An den Studienteilnehmenden wird deshalb getestet, ob elektrische Impulse, Krafttraining oder elektrische Muskelstimulation gegen den Schwerkraft-Kater helfen. Ähnliche Studien mit monatelanger Bettruhe im Sechs-Grad-Winkel gibt es in der Weltraumforschung schon seit mehr als zehn Jahren.

Bettpfanne statt Weltraum
Bei einer vorhergehenden Etappe der Kölner Studie wurden die Effekte von Unterdruckkammern und Radfahren getestet – ebenfalls im Liegen. Im Bett sind die Probandinnen mit Bettpfanne und Windelunterlage ausgestattet. Auch das Duschen wurde im Liegen erledigt. Zu essen gebe es Krankenhauskost, zum Beispiel Marmeladenbrot und Tee zum Frühstück. Eine Probandin, die als Altenpflegerin arbeitet, berichtet, sie habe einmal probieren wollen, wie sich ihre Patientinnen fühlen: "Meine eigenen Grenzen liegen definitiv eher im Kopf."
Wer bei der Studie mitmachen will, muss zwischen 1,53 und 1,90 Metern groß sein, gesund sein und darf nicht rauchen. Die Teilnehmenden müssen einen BMI von 18 bis 30 haben und gut deutsch sprechen. Dafür zahlt das DLR eine Aufwandsentschädigung von 18.000 Euro.

Ohne körperliche Folgen ist die Studie aber wohl nicht. Durch die Inaktivität bauen Muskeln und Knochen ab, der Gleichgewichtssinn ist verwirrt und das Herz-Kreislauf-System verändert sich, schreibt das DLR. In einer ähnlichen Bettruhestudie des französischen Instituts für Weltraummedizin berichteten Forschende von einer Abnahme der Knochendichte und Schwierigkeiten beim Stehen. Eine Bettruhestudie der Universität Bath zeigte eine erhöhte Gefahr für Typ-2-Diabetes.
Eine Reise ins All kann gravierende Folgen für den menschlichen Körper haben. Am besten untersucht sind die Effekte am Nasa-Astronauten Scott Kelly. Er reiste für 340 Tage auf die Raumstation ISS, während sein Zwillingsbruder auf der Erde blieb. Zunächst erholte er sich schnell. "Ich bin jünger als mein Zwilling aus dem Weltraum zurückgekommen", sagte Kelly der BBC. Forschende fanden allerdings Veränderungen seiner Darmbakterien, Schäden an seiner DNA und eine Verringerung seiner kognitiven Fähigkeiten.
Quellen: Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, BBC