So, Leute. Inzwischen hat das letzte Bundesland Ferien, höchste Zeit also für eine dezidiert nutzlose Sommerloch-Kolumne: Streetstyle-Trends aus der Abteilung „Det fiel mir uff“. Oder auch: Worüber man in diesem Sommer ständig stolpert.
1. Der Knieschlitz. Das Phänomen, dass brandneue Hosen mit sorgfältig vorgefertigten Löchern ausgeliefert werden, verfolgt uns ja schon seit Längerem. Das Sommerloch du jour allerdings ist der waagerechte Riss genau in Kniehöhe. Alle haben
jetzt Risse über dem Knie, was tragischerweise den Blick auf den nach dem Ellenbogen
zweitunattraktivsten menschlichen Körperteil lenkt. Für Fortgeschrittene: Risse mit Reißverschlüssen (schon gesichtet), Risse mit Knopflöchern (nur ’ne Idee).
2. Dünne Ringlein, die an den beiden vorderen Fingergliedern getragen werden, gern mit kleinen Schleifen und anderen Niedlichkeiten verziert = die Chance, zehn bis zwanzig Ringe pro Hand zu tragen und selbst mit Wurstfingern im schönen Wahn zu leben, locker in Kinderschmuck zu passen. Verwirrend ist die gängige Bezeichnung „Knuckle Ring“. Das kenne ich eigentlich als Schlagring, also als klassische Argumentationshilfe in Bahnhofsgegenden, aber vielleicht ist das auch nur meine Reeperbahn-Sozialisation. Schaden können die hier gemeinten Knuckle Rings jedenfalls höchstens den Trägerinnen – die Drähtchen verbiegen bereits, wenn man eine Penny-Tüte voller Tortilla-Chips trägt.
3. Matt lackierte Autos, irgendwo zwischen Batmobil und Bundeswehrpanzer. Ebenfalls im Kommen: matte Strukturfolien im Karbonfaser-Look, ein gefühlsechter Noppenpräser für die Karosserie. Mattlack schreit, nein, flüstert: Ich bin anders als all die anderen, und mein exquisites Anderssein ist mir einen satten Aufpreis wert, nicht nur bei der Anschaffung, sondern auch bei der Pflege. Mit so einem Mattel-Auto kann man nämlich
nicht einfach durch eine Waschstraße fahren, weil durch die Politur mit Pflegewachsen
sofort der schöne Look dahin ist. Also: Handwäsche wie damals Vaddi am Samstag in der Garagenauffahrt. Wer sich zu dieser Liebesmühe nicht aufraffen mag, motzt seine dunkelgraue Karre mit schreifarbenen Felgen oder Rückspiegeln, gern neonorange, auf, vermutlich aus denselben Gründen, aus denen Menschen farbige Riemen um ihre
schwarzen Reisekoffer knoten: Jeder hat dasselbe, aber jeder will besonders sein.

Meike Winnemuth
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4. Der Kurzhaardackel alias Teckel alias Zamperl. Die Rückkehr zur Charakternase nach den letztjährigen Modehunden Mops und Französische Bulldogge, die immer
so aussahen, als ob ihnen jemand eins mit dem Knuckle Ring verpasst hätte. Der Dackel ist im Gegensatz zu den Stupsnäschen weitgehend erziehungsresistent, aber im Zuge einer allgemeinen Renaissance der Siebziger (siehe auch: Waldi/ Olympische Spiele München 1972) vermutlich ebenso unvermeidlich wie die …
5. … gute alte Stulle. Nicht Baguette mit Mozzarella und Trockentomaten oder Bagel mit Lachs sind das Mittagessen des gehenden Mannes, sondern hundsnormale Graubrotscheiben mit Belägen von Leberwurst/Senf/Gürkchen bis gekochtes Ei/Schnittlauch, gern verpackt in Wachspapier und mit Kordel verschnürt. Pure Pausenbrot-Nostalgie. Butterstulle, Schmalzstulle – schon gibt es in größeren Städten die
ersten Stullen-(na was wohl?) Manufakturen. Komplett vorbei: der Wrap.
6. Und worin transportiert man seine Stullen? Genau: im Turnbeutel. Lange ein Berliner Kuriosum, inzwischen in jedem Winkel der Republik zu finden. Olles Stoffstück, Kordel
durch, fertig. Sensationell unpraktisch, vor allem wenn man Schmalzstullen neben Handys transportiert. Aber hey! Es ist Sommer. Sommer war noch nie praktisch.
Die Kolume
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