Bis jetzt konnte die Menschheit immer nur die der Erde zugewandte Seite der Sonne betrachten. Zwei "Stereo"-Sonnensatelliten der US-Raumfahrtbehörde Nasa haben jetzt auch die komplette Rückseite unseres Zentralgestirns abgelichtet - und ermöglichen damit erstmals in der Geschichte der Menschheit einen Blick auf die gesamte Sonne.
Die 2006 gestarteten Zwillingssonden haben mittlerweile genau gegenüberliegende Seiten der Sonne erreicht, wie die Nasa berichtet. Das 360-Grad-Panorama der kompletten Sonnenoberfläche und -atmosphäre soll unter anderem die Vorhersage des sogenannten Weltraumwetters verbessern, das Flugverkehr, Stromnetze, Kommunikation und Satellitennavigation stören kann.
Einer der "Stereo"-Zwillinge fliegt der Erde auf ihrer Bahn um die Sonne voraus, der andere hinterher. Ergänzt werden die Beobachtungen vom Sonnensatelliten "SDO" (Solar Dynamics Observatory), sodass alle drei Sonden gemeinsam auch künftig ein ständiges Rundum-Panorama der kompletten Sonne liefern werden.
Komplexer Stern
"Die Sonne ist ein wahrlich komplexes Objekt, das viele Aspekte unseres Lebens beeinflusst", sagt Richard Harrison, einer der führenden Forscher der "Stereo"- und "SDO"-Programme. "So wie man nicht erwarten würde, die Funktion unseres Hirns zu verstehen, wenn man nur einen kleinen Teil davon untersucht, ist eine globale Erforschung unseres Sterns als Ganzes nötig, um zu verstehen wie er funktioniert."
Von der Sonne erreicht die Erde ein beständiger Strom elektrisch geladener Teilchen, der sogenannte Sonnenwind. Heftige Böen in diesem Sonnenwind, sogenannte Sonnenstürme, können etwa Satelliten und Funkverkehr stören, die Strahlungsbelastung für Flugpersonal erhöhen, Kurzschlüsse in Überlandleitungen auslösen und Polarlichter noch weit im Süden aufflammen lassen. Häufigkeit und Intensität der Sonnenstürme schwanken mit dem Aktivitätszyklus der Sonne. Gegenwärtig nimmt die Sonnenaktivität zu, das Weltraumwetter wird rauer.