Planetarium Himmel auf Erden

Am 25. Oktober eröffnet im umgebauten Hamburger Planetarium das derzeit modernste Sternentheater der Welt. Die Zuschauer gehen auf eine einmalige virtuelle Reise durch das Universum.

Waren Sie schon einmal im Weltraum? Ein einmaliges Erlebnis! Dem Amerikaner Dennis Tito war es 20 Millionen Dollar wert. So viel zahlte der erste All-Tourist vor zwei Jahren für einen Trip zur Internationalen Raumstation. Sie können es billiger haben. Mit sechs Euro sind Sie dabei. Heben Sie ab zu einem atemraubenden Flug durchs Universum.

Zur Schnäppchenreise in die Weiten des Kosmos lädt ein neues Illusionstheater, das jetzt im Planetarium der Stadt Hamburg Premiere feiert. "Eine emotional stark ergreifende Show", kündigt Direktor Thomas Kraupe an und verspricht den Besuchern "den Himmel auf Erden". Das traditionsreiche Haus, aufwendig umgebaut, beherbergt nun, so sein Leiter, "das modernste Planetarium des Planeten".

In der 21-Meter-Kuppel wird über den Köpfen des Publikums nicht nur der Nachthimmel in unübertrefflicher Brillanz funkeln. Das Rund scheint sich ins Unendliche aufzutun, und die Zuschauer können "völlig losgelöst", wie einst Peter Schilling in "Major Tom" sang, ins All entschweben. Scheinbar schwerelos umrunden sie den Blauen Planeten, fliegen zu Venus und Mars, durch die Ringe des Saturn, erleben fremde Welten fernster Monde und Kometen. Durch ganze Galaxien geht es in Sekundenschnelle. Millionen Lichtjahre werden zum Katzensprung.

Es ist der Start in eine Ära neuer himmlischer Schauspielhäuser hierzulande, ein technischer Quantensprung. Genau vor 80 Jahren präsentierte Zeiss aus Jena den ersten optisch-mechanischen Sternenprojektor der Welt im Deutschen Museum München, dessen aufwendig konstruierte Nachfolgemodelle heute fast 60 große und kleine Planetarien des Landes bescheinen. Jetzt werden die Zuschauer von Digitaltechnik und Multimedia in Bann genommen wie nie zuvor.

Mehr Infos im Internet

Alles über das neue Sternentheater und sein akteulles Programm: www.planetarium-hamburg.de
Hier finden Sie die Veranstaltungen im Kieler Kosmos-Simulator: www.mediendom.de

Vorbei die Zeiten, als nur ein ehrwürdiges Zahnraduhrwerk die Firmament-Bildwerfer steuern konnte und Diapositive sowie kleinformatige Videofilme das Maximum aller Projektionsmöglichkeiten darstellten. Die perfekte Weltallsimulation wurde durch ein neues Innenleben des altehrwürdigen Hauses erreicht. Der denkmalgeschützte, 60 Meter hohe Backsteinklotz im Hamburger Stadtpark, vor 90 Jahren als Wasserturm erbaut, jedoch als solcher nur kurz genutzt und seit Jahrzehnten als Planetarium in Betrieb, wurde vollkommen umgemodelt. Flachbildschirme im Eingangsbereich werden nun Live-Bilder vom Weltraumteleskop Hubble und anderes Wissenswertes aus dem All präsentieren.

Eine neue Projektionskuppel wurde eingezogen, die alte Bestuhlung rausgeworfen, 253 bequeme Kippsessel auf ansteigendem Boden installiert. Eine Dolby-Surround-Anlage beschallt das Sternentheater. Eine Nebelmaschine und zwei raffinierte Laseranlagen sorgen für Special Effects. Eine von ihnen kann sogar Videobilder in den Kunsthimmel zeichnen.

Den perfekten Nachthimmel an der Saaldecke liefert "Universarium IX" - eine Sonderanfertigung der Firma Carl Zeiss. Die gut eine Tonne schwere Metallkugel mit einem Durchmesser von mehr als einem Meter, die im Zentrum des Domes thront, kann computergesteuert 9100 Sterne in einmaliger Natürlichkeit ins Deckenrund werfen. Glasfasertechnologie und 30 Computerprozessoren erzeugen das Firmament. "Damit sind vollkommen neue Blickwinkel auf das Sonnensystem und unsere lokale Sternenumgebung möglich", sagt Kraupe.

Und gewaltige Zeitsprünge. Per Knopfdruck ist der passende Himmel zu historischen Ereignissen parat; ebenso sind Konstellationen bis 10 000 Jahre in die Zukunft machbar. Selbst das Zittern und Flirren der Sterne kann der neue Projektor simulieren. Ein synthetischer Nachthimmel - schöner als in der Realität. Denn längst vermiest die Beleuchtung vor allem der Großstädte den Blick nach oben und lässt die Pracht der Sterne verblassen.

Darüber hinaus wurde das Hamburger Planetarium mit "Digistar3" ausgestattet, dem Spitzenprodukt der US-Firma Evans & Sutherland, die auch Flugsimulatoren für das Pilotentraining vieler Airlines sowie für militärische Zwecke baut. In Spielfilmqualität wirft die High-Tech-Anlage digitale Filme und Animationen an die Kuppelfläche - 360 Grad weit, auf über 500 Quadratmetern. Insgesamt sieben Projektoren in den Wänden sind nötig, um die Wölbung mit einem nahtlosen Bild zu füllen. Gefüttert werden sie von einem Computersystem, das virtuelle Reisen durch das Universum konstruiert. Im weitaus kleineren Stil ging ein solches Kuppelkino bereits vor wenigen Wochen im "Mediendom" der Fachhochschule Kiel in Betrieb. Tagsüber sollen hier Teilnehmer des Studienganges Multimedia Production ausgebildet werden, abends dient der 65 Plätze fassende Saal als öffentliches Planetarium.

Mit dem neuen Technik-Paket schlägt Hamburg sogar New York. Das Hayden Planetarium am Central Park galt bisher als das modernste der Welt. So rechnet Kraupe mit Interesse weit über die Hansestadt hinaus, schließlich lockt das amerikanische Kosmos-Mekka jährlich mehr als eine Million Menschen in seinen 429-Plätze-Saal. Doch der Direktor des norddeutschen Hauses gibt sich bescheidener: "Mit gut 200 000 Besuchern pro Jahr sind wir schon zufrieden." Das wäre dennoch Spitze in Deutschland - die zehn größten Planetarien der Republik liegen derzeit weit darunter, gut eine Million Zuschauer haben sie zusammen.

Insgesamt elf Millionen Euro kostete die Installation der neuen Geräte und der Umbau des Hamburger Turmes. Der Löwenanteil von acht Millionen Euro kam aus dem Kulturetat der Elbmetropole, den Rest brachte das Planetarium aus Eigenmitteln und Sponsorengeldern auf. Immer noch sind weitere Förderer gesucht. So kann beispielsweise jedermann Sternenpate werden: Für 120 bis 4200 Euro, je nach Größe, kann man einen Stern kaufen; als Spender wird man dann auf einer Himmelskarte im Eingangsbereich verewigt.

Am 22. Oktober ist Einweihung. Zur Feier komponierte die Band "Fury in the Slaughterhouse" den Song "Starless". Drei Tage später kann das Weltraumabenteuer für Besucher losgehen. Zunächst mit der Show "Unendliche Weiten", einem Trip durch Raum und Zeit, der mit dem Urknall beginnt, quer durchs Universum zu unserer Milchstraße führt und auf der Erde endet. Auch Vorträge über den Mars, Schwarze Löcher und Galaxien sind im Programm. Ebenso "Madou und das Licht der Fantasie", ein Pop-Märchen für die ganze Familie, in dem es um Planeten und Sterne geht - mit Songs von Nena. Später sollen gemeinsam mit Lehrkräften und Studenten der Fachhochschule Kiel neue multimediale Kosmosspektakel realisiert werden. Sogar Live-Schaltungen zur Internationalen Raumstation im Orbit sind geplant. Himmlische Aussichten.

Horst Güntheroth

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