Fledermäuse Kuscheln im Keller

Im Allgemeinen spielt sich das Leben der kleinen Vampire im Verborgenen ab: kuscheln, Kinder kriegen und Brut pflegen. Das geheime Treiben der Fledermäuse kann man jetzt im Internet verfolgen.

Mausohrfledermäuse sind gesellige Tiere. Im Keller des Lahnkraftwerks im rheinland-pfälzischen Nassau kuscheln sich derzeit rund 1800 Weibchen aneinander. Der Großteil von ihnen bekommt ab Ende Mai Nachwuchs. Während sich die Massengeburt früher im Verborgenen abspielte, kann nun jedermann via Internet das Leben in der Fledermaushöhle vom heimischen Wohnzimmer aus beobachten.

Seit wenigen Wochen überträgt eine ferngesteuerte Infrarot-Kamera Bilder aus dem Keller live ins weltweite Netz. Die Seite verzeichnet schon jetzt täglich rund 1500 Zugriffe, sagt Fledermaus-Forscher Karl Kugelschafter, der das Projekt wissenschaftlich begleitet.

Die Fledermäuse im Internet

Die Bilder finden Sie hier.

Tragezeit von vier bis fünf Wochen

"Jetzt ist richtig Halli-Galli im Keller", freut sich der Forscher. Ihren Winterschlaf halten die Fledermäuse in unterirdischen Behausungen, wie beispielsweise in Bergwerksstollen. Erst Mitte April träfen die Weibchen nach und nach in der Wochenstube ein. Schätzungsweise 60 bis 70 Prozent von ihnen erwarten Nachwuchs. "Die Befruchtung war schon im Herbst", erklärt der Fledermausexperte von der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord in Koblenz, Manfred Braun. Die Tiere könnten das Sperma der Männchen jedoch bis zum Eisprung Mitte/Ende April konservieren. Nach einer Tragezeit von vier bis fünf Wochen bekommt jedes Weibchen ein nacktes und blindes Junges.

Die Kolonie in Nassau ist laut Braun eine der größten des Großen Mausohrs in Deutschland. Noch vor rund 50 Jahren gab es nach Angaben des Arbeitskreises Fledermausschutz Rheinland-Pfalz auf fast allen Kirchen-Dachböden größere Kolonien. Doch die Tiere wurden - oft unwissentlich - ausgesperrt, vergiftet oder aus Aberglauben erschlagen. Mit einer Spannweite von rund 40 Zentimetern und einem Gewicht von etwa 35 Gramm gehören die heute seltenen und geschützten Tiere zur größten der heimischen Fledermausarten.

Bis zu 15 Gramm Gewichtszunahme je Nacht

Die kleinen Fledermäuse hangeln sich nach der Geburt an ihrer Mutter hoch, um Milch zu saugen. Bis sie nach vier bis sieben Wochen selbst fliegen können, hängen die Kleinen kopfüber neben ihren Müttern. "Im Einzelfall stürzt auch ein Junges ab", weiß Braun. Die Mütter könnten ihre Kinder jedoch wieder aufnehmen, da sich die Kleinen an ihnen festklammern. In der Dunkelheit gehen die ausgewachsenen Tiere auf Jagd. Manche legen in einer Nacht bis zu 15 Gramm an Gewicht zu. "Wir haben schon ein Großes Mausohr gewogen, das mit 46 Gramm zurückkam", sagt Kugelschafter. Der Geruch und ein leises Zirpen helfen den Tieren, ihr eigenes Junges bei der Rückkehr zu finden.

Tiere im Internet zu beobachten, ist nicht neu: So hat zum Beispiel eine Storchenfamilie im brandenburgischen Vetschau mit ihren Jungen eine große Fangemeinde. Das Projekt in Nassau wurde mit Hilfe des Südwestrundfunks umgesetzt, nachdem im vergangenen Jahr nur aufgezeichnete Bilder von den Fledermäusen zu sehen waren.

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Bettina Grachtrup/DPA

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