Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums Geesthacht (HZG) bei Hamburg haben in der Nordsee giftiges Benzotriazol gefunden. Die Chemikalie wird unter anderem in großen Mengen als Korrosionsschutz den im Flugverkehr verwendeten Enteisungsmitteln untergemischt, teilte die Naturschutzgesellschaft "Schutzstation Wattenmeer" in Husum mit.
Selbst die Hersteller würden Benzotriazol als wassergefährdend, fischgiftig und langfristig schädlich für Wasserorganismen einstufen, sagt der Sprecher der Schutzstation. Der sehr gut wasserlösliche Stoff stehe im Verdacht, krebserregend zu sein.
Benzotriazol wird seit einigen Jahren eingesetzt. Nun haben es die Wissenschaftler zum ersten Mal in einer relevanten Menge in der Nordsee nachgewiesen. "Mich interessiert, wie viel Benzotriazol über die unterschiedlichen Zuflüsse in die Nordsee fließt und wie sich die Chemikalie dort räumlich und saisonal verteilt", sagt Hendrik Wolschke vom Institut für Küstenforschung des HZG. Der junge Umweltwissenschaftler nahm zu unterschiedlichen Jahreszeiten Wasserproben in der Elbe, Weser und Ems. Daneben wurden der Rhein und einige Zuflüsse in Belgien und den Niederlanden untersucht.
In allen Proben wurde Benzotriazol gefunden. Die Konzentration in den Flüssen war allerdings deutlich höher als in der deutschen Bucht. So haben die Wissenschaftler 300 Nanogramm Benzotriazol pro Liter in der Elbe im Hamburger Hafen nachgewiesen. Auf etwa 20 Nanogrammn pro Liter sei der Wert im äußeren Mündungsbereich gesunken.
Zum Vergleich: Im Ausfluss von Kläranlagen würden die Werte zwischen 1000 Nanogramm bis 5000 Nanogramm pro Liter schwanken, sagt der Sprecher der "Schutzstation Wattenmeer". "In der Schweiz hat man Spitzenwerte von 3700 Nanogramm pro Liter im Oberflächenwasser gefunden - im Einflussbereich des Flughafens Zürich."
Keine akute Gefahr
Von den jetzt gemessenen Konzentrationen im Nordseewasser gehe zwar keine akute Gefahr für den Menschen aus, so der Sprecher weiter. Wichtig für die Meeresumwelt seien aber die langfristigen Folgen und die Wechselwirkungen mit anderen Stoffen. "Zudem ist die Chemikalie eine zusätzliche unnötige Belastung. "Ungiftige Ersatzstoffe wären einsetzbar."
Bislang habe es über die Verbreitung des Stoffes im Meer noch keine Daten gegeben. Der Biologe forderte eine regelmäßige Kontrolle der Abwässer auf Benzotriazol.
Der Verbrauch der Chemikalie stieg den Angaben zufolge in den vergangenen Jahren stark an. So wird Benzotriazol nicht nur bei Frost auf Flughäfen versprüht, sondern unter anderem in Geschirrspülmaschinen als Silberschutzmittel genutzt und auf Textilien aufgebracht, um die Menschen vor UV-Strahlen zu schützen. In Kläranlagen wird Benzotriazol kaum abgebaut, so dass nach Berechnungen des Helmholtz-Zentrums Geesthacht bei Hamburg jedes Jahr rund 80 Tonnen der Chemikalie hauptsächlich über Elbe und Rhein in die Nordsee gelangen.