Eine neue Klasse von Medikamenten gegen Krebs könnte auch gegen die schwere Erbkrankheit Progerie helfen. Die Ursache des Syndroms ist ein verändertes Eiweiß namens Progerin, das den korrekten Aufbau der Zellkernhülle verhindert. So genannte FTIs, die momentan in klinischen Studien als Krebsmedikamente erprobt werden, können auch die Wirkung von Progerin blockieren, haben amerikanische Wissenschaftler nun in Laborversuchen entdeckt. Über ihre Arbeit berichten Brain Capell vom National Institute of Health (NIH) in Bethesda und seine Kollegen in der Fachzeitschrift "PNAS" (Online-Vorabveröffentlichung, DOI: 10.1073/pnas.0506001102).
Ein Kind von vier Millionen erkrankt
Das so genannte Hutchinson-Gilford-Progerie-Syndrom tritt etwa bei einem von vier Millionen Kindern auf. Die Betroffenen leiden unter anderem an Wachstumsstörungen, schneller Hautalterung, Knochenschwund, Arteriosklerose, Haarausfall und Gelenkveränderungen. Die Symptome können schon im Alter von etwa einem Jahr einsetzen, und die durchschnittliche Lebenserwartung der Kinder liegt unter 14 Jahren.
Ursache der Krankheit ist eine Mutation in einem Gen, das die Informationen für einen wichtigen Baustein der so genannten Kernmembran trägt - der Hülle, die die Erbsubstanz im Zellkern umgibt. Die fehlerhaften Proteine, die die Zellen der Betroffenen bilden, sammeln sich innerhalb dieser Hülle an, so dass sie nicht korrekt aufgebaut werden kann. Die Folge: Es kommt zu einer deutlichen Verformung des Zellkerns.
Fehlerhaftes Molekül landet nicht da, wo es Schaden anrichtet
Um das zu vermeiden, griffen die Forscher um Capell zu einem Trick: Mithilfe der FTIs blockierten sie ein Enzym, das die Proteine sozusagen mit einem Adressaufkleber ausstattet. Als Folge dieses Eingriffs wurden die fehlerhaften Progerin-Moleküle gar nicht erst in die Kernmembran eingebaut. Vielmehr sammelten sie sich innerhalb des Kerns an, wo sie nach Einschätzung der Wissenschaftler deutlich weniger Schaden anrichten können.
Mit ihrem Verfahren gelang es bereits, im Labor die Kernverformung in Hautzellen von betroffenen Kindern rückgängig zu machen, berichten die Forscher. Ob die Behandlung jedoch tatsächlich das frühzeitige Altern verlangsamt, können sie noch nicht sagen. Sie wollen ihre Methode nun jedoch an Mäusen testen. Sollte sich der Erfolg bestätigen, könnten die ersten klinischen Tests bereits im kommenden Frühjahr stattfinden, so die Forscher. Außerdem sollen die Ergebnisse dabei helfen, die molekularen Vorgänge im normalen Alterungsprozess besser zu verstehen.
DDP