Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur Wehrpflicht hat die Diskussion um ihre Abschaffung angefacht. Von den Grünen und der FDP kommt die Forderung, die Wehrpflicht möglichst bald zumindest auszusetzen. Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) und die Union sehen sich dagegen durch das Urteil in ihrer positiven Haltung zur Wehrpflicht bestärkt.
Das Gericht hatte am Mittwoch entschieden, die Einberufungspraxis verstoße nicht gegen das Grundgesetz. Die von der Bundeswehr getroffene Auswahl der Wehrpflichtigen verletze die Wehrgerechtigkeit nicht. Das Urteil betraf den Fall eines 22-Jährigen, der gegen seine Einberufung geklagt hatte.
Nur jeder fünfte Mann muss den Grundwehrdienst ableisten
Der Grünen-Verteidigungsexperte Winfried Nachtwei argumentierte, das Gericht habe lediglich festgestellt, dass die Einberufungspraxis rechtlich geregelt und damit nicht willkürlich sei. Fakt bleibe aber, dass nur noch "weniger als jeder fünfte Mann eines Jahrganges" seinen Grundwehrdienst leiste.
Der Grünen-Vorsitzende Reinhard Bütikofer zeigte sich erfreut über die Klagen gegen die Einberufungspraxis. Weil die Reformbereitschaft bei der Bundeswehr auch innerhalb der Koalition "unterschiedlich verteilt" sei, "ist es nicht das erste Mal, dass Bürger über Gerichte der Reformarbeit der Politik nachhelfen", sagte er der "Leipziger Volkszeitung".
Nur eine Einzelfallentscheidung
FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt hält das Urteil der Bundesrichter nicht für eine generelle Bestätigung der Wehrpflicht. Das sei eine Einzelfallentscheidung, aber keine politische Entscheidung, so Gerhardt. Das Urteil enthalte zudem genug Hinweise darauf, dass das Thema Wehrgerechtigkeit ein Problem sei. Er rechne für die nächste, spätestens übernächste Legislaturperiode damit, dass die Wehrpflicht gekippt werde.
Der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehr-Verbands, Bernhard Gertz, sagte der Zeitung "Die Welt", die Politik "und namentlich die SPD" seien "gezwungen, sich nun zu einer politischen Entscheidung durchzuringen".