Bangkok-Krise Die vergessenen Touristen

Ihr Urlaub ist längst vorbei, doch ihre Heimreise steht in den Sternen: Bei tausenden Urlaubern in Bangkok liegen die Nerven blank. Einige sitzen seit über 20 Stunden an den beiden besetzten Flughäfen der Stadt fest. Andere nehmen hunderte Kilometer Busreisen auf sich, um zu anderen Flughäfen zu gelanden.

Nach fünf Tagen Ungewissheit liegen bei zehntausenden Thailand-Touristen die Nerven blank. Ihr Urlaub ist längst vorbei, doch an eine Rückkehr nach Hause ist nicht zu denken. Einige von ihnen saßen nach eigenen Angaben 23 Stunden am besetzten Flughafen von Bangkok fest, bis sie schließlich in einem Hotelzimmer voller Kakerlaken landeten. Reisegruppen und Rucksackurlauber sind ebenso betroffen wie Geschäftsreisende und Prominente.

Stress pur

"Je mehr Zeit vergeht, desto stressiger wird es", sagt Julie Lewis aus dem englischen Devon, die zu einer Hochzeit nach Thailand reiste. "Das hier hat die Reise wirklich total verdorben. Es wird das letzte sein, was uns von dem Urlaub in Erinnerung bleibt." Auch die hochschwangere Ehefrau des englischen Rugby-Kapitäns Jamie Peacock, Faye, sitzt mit ihrem vierjährigen Sohn in Bangkok fest. Der Sportler bat am Samstag in einem öffentlichen Appell um die sichere Rückkehr seiner Familie. "Dem Land (Thailand) steht viel Ärger bevor", sagte er. "Es sieht so aus, als hätten sie die gestrandeten Urlauber vergessen."

Das Drama begann am Dienstag, als Regierungsgegner zuerst den internationalen Flughafen Suvarnabhumi und anschließend auch den Inlandflughafen von Bangkok besetzten. Seitdem liegt der gesamte Flugverkehr der Hauptstadt lahm, etwa 100.000 Reisende sitzen fest. Thailands Ruf als sicheres und verlässliches Reiseziel dürfte dahin sein. Schätzungen zufolge drohen der Tourismusindustrie bis zum Jahresende Verluste von etwa 150 Millionen Baht (3,3 Millionen Euro), was 1,5 Prozent des Bruttoninlandsprodukts entspricht.

Frust über die Ungewissheit

In der Hoffnung auf einen Rückflug drängten sich hunderte verzweifelte Urlauber am Samstag am Ticketschalter der Thai Airways. Viele von ihnen äußerten sich frustriert über die Ungewissheit, in der sie sich befinden, und klagten über widersprüchliche Informationen und unbegründete Gerüchte. "Zuhause warten unsere Familie und unsere Arbeit auf uns", sagt John Neilson, ein Computerfachmann aus England. "Wenn ich nicht da bin, bekomme ich kein Geld."

Einige Urlauber nahmen Busreisen über mehrere hunderte Kilometer auf sich, um von anderen Flughäfen etwa auf der Insel Phuket oder in der Stadt Chiang Mai im Norden des Landes aus zurückzufliegen. Andere reisten dafür sogar in die Nachbarländer Kambodscha oder Malaysia. Auch vom Militärflughafen U-Tapao knapp 200 Kilometer südöstlich von Bangkok aus worden Urlauber ausgeflogen. Der kleine Luftwaffenstützpunkt ist dafür aber nicht ausgelegt und jetzt hoffnungslos überlastet: Er verfügt nur über 100 Parkplätze, und im Terminal können nur 400 Reisende zugleich abgefertigt werden.

Erste Sondermaschine ist zurück

Eine erste Sondermaschine mit deutschen Urlaubern kehrte am Samstag aus Bangkok zurück. Die etwa 250 Reisenden waren auf dem Landweg von der thailändischen Hauptstadt nach Phuket gebracht worden, wie eine Tui-Sprecherin mitteilte. Mehr als 500 spanische Urlauber sollten ebenfalls in Kürze nach Hause zurückgebracht werden, wie die Regierung in Madrid am Sonntag ankündigte.

Wann die Flughäfen wieder öffnen werden, kann derzeit niemand sagen. Die Flughafenbehörde sprach von einer Schließung bis mindestens Montagabend. Wer es sich leisten kann, nimmt eine Chartermaschine - so etwa der dänische Kronprinz Frederik und seine Frau Prinzessin Mary, die nach Angaben einer Palastsprecherin am Freitag von U-Tapao aus mit einem Kleinflugzeug nach Hause zurückkehrten. Für den Großteil der Reisenden ist Warten aber die einzige Option, nicht zuletzt, weil das Ausweichen auf andere Flughäfen mit zusätzlichen Kosten und neuen Unsicherheiten verbunden ist. Viele ausländische Botschaften haben davon ohnehin abgeraten.

Die wenigsten Touristen können dem verlängerten Urlaub etwas abgewinnen. Die meisten von ihnen bleiben aus Sorge vor der Gewalt zwischen Regierungsgegnern und Sicherheitskräften in der Nähe ihrer Hotels. "Ich habe keine Lust, im thailändischen Niemandsland auf einem Militärflughafen ohne sanitäre Einrichtungen herumzuhängen", sagte David Walker, ein 40-jähriger Bankangestellter aus London. "Wir sitzen einfach fest."

AP
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