Nervenkitzel auf der höchsten Aussichtsplattform der Welt: Der gläserne "Skywalk", 1200 Meter hoch über dem Talboden des Grand Canyon, ist ab Mittwoch für alle Besucher geöffnet. Vor gut einer Woche, als die ersten geladenen Gäste den Gang in den Himmel wagten, hatte er seine Feuertaufe bestanden.
"Apollo 11"-Astronaut Buzz Aldrin (77), der als zweiter Mann den Mond betrat, gehörte letzte Woche zu den ersten: Er war von den indianischen Betreibern für den "First Walk" über die neue Touristenattraktion im US-Staat Arizona eingeladen worden. Aldrin war im Juli 1969 mit Neil Armstrong auf dem Mond gelandet. Stammesälteste der Hualapai-Indianer begleiteten den Ehrengast beim Spaziergang über die frei schwebende, U-förmige Plattform.
Es ist eine spektakuläre Glas- und Stahlkonstruktion, über 480 Tonnen schwer, mit acht riesigen Trägern tief in dem rötlichen Steilfelsen verankert. Sie soll Erdbeben, heftigen Windböen und dem Ansturm der Touristen standhalten, versichern die Bauherren. Eine Berliner Glasfirma lieferte dazu spezielles Verbundsicherheitsglas. Doch der 30 Millionen Dollar teure Glasbalkon hat neben Bewunderern auch scharfe Kritiker. "Dies hätte nie gebaut werden dürfen", wetterte die Hualapai-Indianerin Leatrice Walema in der Zeitung "Arizona Republic". "Unsere Vorfahren haben auf diesem Land gelebt. Dies ist heiliger Grund und Boden". Ihr Bruder Casey teilt ihre Bedenken nicht. "Viele Menschen haben noch nie von uns gehört und dies könnte viele Touristen anlocken", verspricht sich der Silberschmuckverkäufer.
600.000 Besucher erhofft
Die Geschwister zählen zu den 2200 Angehörigen des verarmten Stammes der Hualapai. Ein Stammesausschuss hatte dem Investor David Jin vor drei Jahren grünes Licht für das Projekt auf ihrem Reservat am Westrand des Grand Canyons im US-Bundesstaat Arizona gegeben. Als Eintritt wollen sie von jedem Besucher 25 Dollar kassieren. Jin wird prozentual beteiligt, doch der Bau ist Eigentum des Stammes. Ein Teil der Hualapai beklagen die Entweihung ihrer heiligen Erde, andere hoffen auf einen Weg aus der Armut.
"Das wird Essen auf unsere Teller bringen", prophezeit der Stammesbruder und "Skywalk"-Betriebsmanager Robert Bravo. Er rechnet in diesem Jahr mit 600.000 Besuchern, ab 2008 mit einer Million Touristen. Zum Vergleich: der Grand Canyon Nationalpark im Nachbarstaat Colorado lockt jährlich rund 4 Millionen Besucher an.
Auch Naturliebhaber und Umweltschützer haben den "Skywalk" als Schandfleck an der bisher unberührten Canyon-Wand angegriffen. "Es ist eine regelrechte Travestie", schimpfte Robert Arnberger, früherer Leiter des Grand Canyon Nationalparks in der "Washington Post". Doch Sheri Yellowhawk vom Wirtschaftskomitee des Stammes nimmt das Projekt gegen derartige Vorwürfe in Schutz. "Wir bauen kein Kraftwerk. Dies ist keine Achterbahn und niemand wird herumgeschleudert". Dies sei vielmehr "ein natürlicher Weg", den Grand Canyon zu sehen. Die umstrittene Konstruktion wurde im Hoheitsgebiet des Stammes gebaut und kam so um striktere Auflagen des Staates herum.