Die Experten stöhnen über die "Formel Gähn", doch die Zuschauer zieht es in Scharen vor die Fernsehschirme. Über zehn Millionen Menschen sahen am Sonntag bei RTL den 75. Sieg von Michael Schumacher in seinem 200. Formel-1-Rennen. Gegenüber dem letztjährigen Spanien-Grand-Prix bedeutet das eine Steigerung um exakt eine Million Zuschauer. Damit konnte der Fernsehsender in jedem der fünf Rennen im Vergleich zum Vorjahr die Quote verbessern. "Michael Schumacher erfüllt derzeit als einziger deutscher Sportler die Sehnsucht nach einem Weltstar", nannte RTL-Sportchef Manfred Loppe einen möglichen Grund für die "Formel kurios".
Schumi tritt auf die Euphorie-Bremse
Während die Konkurrenz schon die Flinte ins Korn geworfen hat und auf der Homepage von Michael Schumacher bereits abgestimmt wird, ob der Kerpener schon in Hockenheim (24. Juli) seinen siebten WM-Titel einfahren wird, tritt der in dieser Saison noch ungeschlagene Rekord-Weltmeister auf die Bremse. "Die Leute müssten mich langsam gut genug kennen, um zu wissen, dass das noch nicht einmal im Ansatz ein Thema für mich ist. Das war das fünfte Rennen, es gibt noch 13 weitere in dieser Saison. Wir behalten einfach unseren Rhythmus bei, machen uns wie gewohnt an die Arbeit und versuchen, uns weiterhin zu verbessern", erklärt Schumacher.
Presse sucht nach neuen Superlativen
"Genießt die schöne Langeweile", frohlockte Ferrari-Chef Luca de Montezemolo. "Nehmt Schumi den Führerschein weg, weil es sonst in der Formel 1 immer langweiliger wird", forderte dagegen "Kurier" aus Belgrad. "Gegen Michael Schumacher ist wirklich nichts zu machen", schrieb "France Soir". Die spanische Zeitung "El País" klagte: "Ohne Ferrari wäre dies eine tolle Weltmeisterschaft." Italiens «Il Mattino» beschrieb wie auch die Formel-1-Konkurrenz bereits "Schumachers Meisterwerk".
Konkurrenz gibt auf
"Das lassen sie sich nicht mehr nehmen", ist sich selbst BMW- Motorsportdirektor Mario Theissen sicher. "Wir haben selten eine solch große Dominanz erlebt", meinte Mercedes-Sportchef Norbert Haug nach der abermaligen Schumacher-Triumphfahrt und dem dritten Ferrari- Doppelerfolg des Jahres. Bitter für die Konkurrenz war, dass Schumacher selbst in einem kaputten Auto (Auspuffdefekt) nicht zu gefährden war.
Demütigung für Williams-BMW und McLaren-Mercedes
Für Williams-BMW und McLaren-Mercedes ist das eine Demütigung. Beide britisch-deutschen Rennställe waren angetreten, in diesem Jahr Ferrari vom Thron zu stürzen. Jetzt haben andere ihnen die Rolle der Scuderia-Verfolger streitig gemacht. "Wir stehen im Dreikampf mit Renault und BAR-Honda. Unser Ziel ist es, uns in dem Wettkampf durchzusetzen", sagte BMW-Motorsportchef Theissen, der in Barcelona den Ausfall von Juan Pablo Montoya und Platz sechs durch Ralf Schumacher verbuchte.
Prinzip Hoffnung
Sein Mercedes-Kollege Haug wäre über ein solche Zielankunft glücklich. Sein Rennstall muss aufpassen, dass er seinen fünften Rang in der Teamwertung nicht an die Schweizer Privat-Crew von Peter Sauber verliert. Die beiden Sauber-Fahrer Giancarlo Fisichella (7.) und Felipe Massa (9.) kamen in Barcelona vor David Coulthard (10.) und Vizeweltmeister Kimi Räikkönen (11.) ins Ziel. "Wir werden auch wieder Siege feiern", ist Mercedes-Motorsportchef Haug überzeugt, schränkte aber ein: "Vielleicht nicht in fünf oder sechs, vielleicht auch nicht in acht oder zehn Rennen."