Schumacher-Interview "Ich könnte noch, wenn ich wollte"

Er war der erfolgreichste Formel-1-Pilot aller Zeiten - und genießt jetzt sein neues Leben. Michael Schumacher spricht im Interview mit dem stern erstmals über die Zeit nach der großen Karriere, den Nachwuchs in der Formel 1 und seine neue Leidenschaft auf zwei Rädern.

Michael Schumacher zieht es nicht zurück ins Cockpit. "Ich habe mich in mein neues Leben verliebt, das ist so eine Freiheit, wie ich sie immer haben wollte. Da ist auch nichts zurückgeblieben, keine heimlichen Gedanken an ein Comeback in der Formel 1", sagte der siebenmalige Formel-1-Weltmeister dem stern.

Nur das Entspannen habe er erst lernen müssen. "Manchmal, wenn ich in den ersten Monaten auf dem Sofa lag, war ich von mir selbst überrascht: Was? Du liegst hier faul rum? Du? Heute sage ich mir in solchen Momenten: Beinehochlegen ist in Ordnung, das hast du dir auch mal verdient."

Dennoch fühlt sich Schumacher, der bei Tests für sein früheres Team Ferrari Spitzenzeiten fährt, noch in glänzender Form: "Es ist schon schön zu spüren, dass ich noch könnte, wenn ich richtig wollte."

Über den Nachwuchs in der Formel 1 äußerte sich Schumacher kritisch. Eine Zeit lang habe er als Coach mit Talenten gearbeitet, was ihm jedoch nur wenig Spaß bereitet habe: "Die jungen Fahrer stellen Fragen, ich sage ihnen meine Meinung, aber so richtig interessiert sie die dann auch nicht. Wahrscheinlich muss das so sein. Jeder muss seinen eigenen Weg gehen."

"Die Ingenieure saugen alles auf, was ich sage"

Zum ersten Mal sprach Schumacher auch konkret über seine Aufgabe als Berater bei Ferrari: "Ich bin nah dran am Formel-1-Team, nehme an Meetings teil und weiß über alle Details Bescheid. Aber im Moment haben wir kaum Probleme mit den Autos, und ich halte mich zurück." Der Ex-Weltmeister arbeitet auch bei der Entwicklung von Straßenfahrzeugen mit. "Das macht einen Riesenspaß, die Ingenieure saugen alles auf, was ich sage. Die entwickeln normalerweise in sieben Jahre einen Wagen, und jetzt kommt einer wie ich aus der Formel 1, wo innerhalb von sechs Monaten ein neues Auto gebaut wird."

Bei Ferrari künftig in führender Position zu arbeiten, beispielsweise als Teamchef, ist für den 39 Jahre alten Schumacher keine Option: "Nein, Teamchef, das kann ich mir im Moment nicht vorstellen - und eigentlich auch nicht, wenn ich zehn Jahre weiter denke. Ich möchte lieber im Hintergrund wirken."

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Über sein neues Hobby, das Motorradfahren, bei dem Schumacher mehrfach gestürzt war, sagte er: "Ach, das sieht immer dramatischer aus, als es tatsächlich ist. Wenn ich eine extreme Kurvenneigung habe und dann wegrutsche, bin ich nah am Boden. Also kann ich nicht tief fallen, und dank der Lederkombi und der Protektoren merke ich fast überhaupt nichts. So ein Sturz fühlt sich an, als würde man auf einer Wasserrutsche einen Berg hinuntergleiten. Ich habe mir bis heute noch nicht mal einen Kratzer geholt."

Ohnehin sind es nicht die Rennen allein, die Schumacher zum Motorradsport ziehen. Der siebenfache Weltmeister schwärmt: "Ich liebe es, nach dem Rennen mit den Jungs zusammenzustehen, ein Bier zu trinken, eine Zigarre zu rauchen und ein bisschen zu fachsimpeln. Für die Jungs bin ich nicht der Formel-1-Weltmeister, sondern der Michael."

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