Es war die spielentscheidende Szene kurz nach dem Seitenwechsel im Champions-League-Achtelfinale: Nach einer Flanke bekommt Dortmunds Marius Wolf den Ball an die Hand, nach Ansicht der Videobilder entschied der niederländische Schiedsrichter Danny Makkelie auf Strafstoß. Eine harte, wenn auch nicht unberechtigte Entscheidung. Der Dortmunder Jubel über den von Kai Havertz verschossenen Elfmeter ebbte schnell ab, denn wieder mischte sich der Videoschiedsrichter ein. Mehrere Spieler beider Mannschaften waren bereits vor dem Schuss in den Strafraum gelaufen, Dortmunds Salih Özcan hatte den vom Pfosten zurückspringenden Ball anschließend ins Aus befördert. Die Folge: Der Elfmeter musste wiederholt werden. Aber musste er das wirklich? Deutsche Experten widersprechen der Entscheidung von Makkeli und dem VAR.
Manuel Gräfe, über Jahre hinweg einer der besten deutschen Schiedsrichter, kritisierte noch in der Nacht die Entscheidung des VAR. "Der VAR-Eingriff zur Wiederholung ist nicht mal korrekt. Ohne das Sichten von Zeitlupen bei Prime nicht zu erkennen, aber Özcan hindert keinen. Unter anderem Can wäre vor Fernandez am Ball. Kein Eingriff!", schrieb Gräfe auf Twitter und teilte einen Screenshot der Szene. Der 49-Jährige bezog sich dabei auf die offiziellen Statuten, wann der Videoschiedsrichter bei der Wiederholung eines Elfmeters eingreifen darf. Demnach heißt es in den nicht öffentlichen Statuten für den VAR, dass dieser nur eingreifen darf, wenn der einlaufende Verteidiger einen Angreifer hindert, den Ball zu spielen und somit ein Tor verhindert.
Borussia Dortmund: Wie eine eigentlich richtige Entscheidung zur Fehlentscheidung wurde
Auf genau den gleichen Passus spielen auch "Collinas Erben" an, die ebenfalls auf Twitter aufklären, warum der Strafstoß nicht hätte wiederholt werden dürfen. "Das hat Özcan aber nicht getan. In seiner Nähe war nur Havertz, der den vom Pfosten zurückspringenden Ball aber nicht mehr spielen durfte, weil sonst eine Doppelberührung vorgelegen hätte", urteilen die Experten. Özcan habe sich zwar durch das frühe Vorlaufen in den Strafraum einen Vorteil erarbeitet, jedoch keinen Angreifer daran gehindert, erneut aufs Tor zu schießen. "Nach dem IFAB-Handbuch gab es eigentlich keinen Anlass zum Eingreifen", heißt es weiter.
Für den BVB eine extrem ärgerliche Entscheidung, denn Makkelie hatte das Spiel zunächst nicht von sich aus unterbrochen, obwohl er es hätte machen müssen. Denn das Regelbuch sieht vor, dass wenn Spieler beider Mannschaften vor der Ausführung in den Strafraum rennen, der Elfmeter wiederholt werden muss – unabhängig davon, ob dieser verschossen wurde oder in einem Tor resultierte. Hätte Makkelie von sich aus eine Wiederholung angeordnet, wäre das also die richtige Entscheidung gewesen – der Eingriff des VAR jedoch war in der Situation gar nicht erlaubt und führte somit zum entscheidenden 2:0 für den FC Chelsea. So wurde eine regeltechnisch korrekte Entscheidung zu einer Fehlentscheidung.
Quellen: Handbuch IFAB, Twitter