Bundesliga-Fernsehrechte High Noon im Stadion

Geheimplan der Fussball-Bundesliga: Um die TV-Gelder zu sichern, sollen die Klubs bald wieder freitag spielen - und sogar samstagmittags.

Die Verträge seien wasserdicht, das Geld komme sicher. Mit solchen Sprüchen verbreiteten die Bosse der Deutschen Fußball-Liga (DFL) hemmungslosen Optimismus, als Kirchs Medienimperium zusammenbrach. Das war im Frühjahr 2002. Bis dahin hatte der Fußball jahrelang üppig von den Kirch-Geldern gezehrt. In Wahrheit blieb nichts sicher: Viele Klubs wendeten eine Pleite nur durch einen rigiden Sparkurs ab, die Liga musste sich für die laufende Saison mit 180 Millionen Euro weniger begnügen. Und auch Pläne für einen eigenen Fußball-Kanal blieben in der Schublade.

Nun sind die DFL und ihr Vorsitzender Werner Hackmann erneut gefragt. Denn seit vergangener Woche ist klar, dass die DFL ab der kommenden Saison ohne Vermarkter ihrer TV-Lizenzen dasteht. Die Agentur Infront garantierte der Liga bisher knapp 300 Millionen Euro pro Saison. Alle Klubs bestreiten aus diesen Erlösen das Gros ihrer Einnahmen. Auch diesmal stellt der Liga-Boss Gelassenheit zur Schau: "Dann machen wir das eben selbst." Die Vereine träumen sogar von neuen Einnahmequellen. Wieder nur Gerede, ein weiterer Flop? Oder endlich einmal top?

Anders als bei der Kirch-Pleite hat sich die DFL diesmal für den Fall X einen Geheimplan zurechtgelegt. Und der klingt immerhin plausibel. Noch wird gemauert, aber intern ist es längst beschlossene Sache, dass die 1. Bundesliga bald wieder freitagabends spielt. Die Fans wird das freuen, sie mögen die Flutlicht-Atmosphäre. Und auch das Vorziehen von Samstagsspielen in die Mittagszeit - in England längst üblich - ist bei der DFL kein Tabu mehr, wie der stern erfuhr. So ließen sich die Partien auch im fußballbegeisterten Asien besser vermarkten. Hackmann bestätigt: "Dieses Modell ist vorstellbar."

Traditionell ist um 15.30 Uhr Anpfiff. Durch die Zeitverschiebung finden Übertragungen in Fernost daher zu mitternächtlicher Stunde statt - bislang kein großer Anreiz für die dortigen Sender, deutschen Fußball zu zeigen. Gerade mal 15 Millionen spielt die DFL mit TV-Rechten im Ausland ein. Die Engländer bekommen das Fünffache.

Nötig werden die Schachzüge durch den Ausstieg des bisherigen Partners, der Schweizer Firma Infront mit dem Aushängeschild Günter Netzer an der Spitze. Sie übernahm das Geschäft einst aus der Kirch-Pleite. Infront versuchte, die Preise für künftige Rechte zu drücken, weil sie damit bisher nur Verluste gemacht hat. Und auch, weil die EU-Behörden die zentrale Vermarktung von Fußball-Bildern für neue Medien wie Handys untersagten. Damit sah Infront das Lizenzpaket geschmälert. Die DFL jedoch beharrte weiterhin auf 600 Millionen Euro für die Rechte an den zwei Spielzeiten bis 2006. Am Ende lagen gut 30 Millionen zwischen dem Angebot von Infront und der DFL-Forderung. Die Liga fühlt sich durch die erneut gestiegene Begeisterung gestärkt. "Wir haben in den Stadien wieder eine Rekordzuschauerzahl erreicht", sagt Hackmann. "Und die ARD-Sportschau erzielt Traumquoten. An diesem Boom wollen wir teilhaben."

Geht es nach der Liga, soll vor allem der Pay-TV-Kanal Premiere die Lücke im Etat füllen. Mit 150 Millionen Euro pro Saison schon heute größter Zahlmeister, würde Premiere nun ohnehin einige Millionen extra lockermachen müssen, hofft die DFL. Für die Freitagspartie, die nach diesem Kalkül dem Samstag abgeknapst werden soll, wäre ein weiterer Betrag fällig. Falls der Sender nicht mitzieht, soll die Live-Partie eben dem frei empfangbaren Fernsehen, also RTL oder Sat 1, angeboten werden.

Bei allem Geschacher würde damit allerdings auch der Vertrag mit der ARD wackeln, die insgesamt 68 Millionen Euro pro Saison auf das Konto der Liga überweist. Der ist trotz des Rückzugs von Infront bis 2006 sicher. Ob die ARD nun entschädigt werden muss, wenn ihrer "Sportschau" durch die Freitagspartie künftig eins ihrer sieben Spiele entzogen werden sollte, ist offen. Ein Sendersprecher drohte bereits, solche Planspiele seien "vertragsrelevant". Alle anderen Lizenzverträge mit dem ZDF und dem DSF, die Auslandsrechte und die für das Internet müssen sowieso neu ausgehandelt werden.

Sollte der Liga-Poker aufgehen, droht Hackmann zudem neuer Zoff im eigenen Haus. Da vor allem Spitzenklubs die Freitagspartien bestreiten sollen, forderten sie intern bereits einen größeren Anteil an den TV-Geldern. Zumindest in diesem Punkt bleibt sich die Liga also treu: Das Wild ist noch nicht erlegt, da streitet schon die Meute.

Johannes Röhrig

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