Ex-Scout Bryan Flynn Dieser Waliser hat England die guten Spieler weggeschnappt

Ohne ihn wäre Wales heute kein EM-Halbfinalist: Bryan Flynn arbeitete jahrelang als Scout für das Nationalteam und forschte unter englischen No-Name-Profis. Manchmal brachte ihn dabei auch nur ein schlichter Scherz auf die richtige Fährte.

Der walisische Fußballverband ist wohl wegen eines Scherzes auf seinen EM-Stürmer Hal Robson-Kanu aufmerksam geworden. So erzählt es zumindest Brian Flynn bei BBC 5. Flynn war jahrelang als Scout, U-21-Trainer und kurzzeitiger Interimscoach der Nationalmannschaft für den walisischen Verband tätig. Der 27 Jahre alte gebürtige Engländer Robson-Kanu trainierte bei seinem Club in Reading, als Flynn den Verein besuchte. Teamkollege Glen Little zeigte auf Robson-Kanu und rief Flynn zu: "Er kann für Wales spielen, weil er dort Urlaub macht."

Er habe sich daraufhin mit Robson-Kanu, der zuvor bereits für die U19 und U20 Englands gespielt hatte, unterhalten. Dieser habe erzählt, wo er in Wales Urlaub mache - und dann berichtet, dass seine Familie dort seine Großmutter einsammele, die in Wales geboren sei. "So sind wir drauf gekommen", sagte Flynn. "Es hat mich zwölf Monate gekostet, ihn zu überzeugen. Gott sei dank hat es geklappt."

Brian Flynn: Scout und "Ahnenforscher"

Der nur 1,61 Meter große Flynn gilt neben dem ehemaligen Nationaltrainer John Toshack (2004-2010) auch deshalb als einer der beiden Väter des heutigen Erfolges. Denn der "Schnüffler", wie er auch genannt wurde, war als Scout für Wales von 2004 bis 2012 als eine Art "Ahnenforscher" tätig und suchte in jener Zeit gezielt nach englischen Talenten, die irgendeinen Bezug zu Wales haben. 

Neben Robson-Kanu entdeckte Flynn, inzwischen Premier-League-Scout beim FC Everton, insgesamt neun der 23 Spieler im aktuellen EM-Kader. Zum Beispiel Kapitän Andy Williams, geboren in Birmingham und Enkel eines Walisers, oder James Chester aus Warrington, Sohn einer Waliserin. Was wohl die im Achtelfinale ausgeschiedenden Engländer dazu sagen, dass diese Jungs heute ins Finale einziehen können?

Wales: Das englische Blut ist ihnen egal

"Wir kennen uns fast alle, seit wir 16, 17 Jahre alt sind", sagt Mittelfeldspieler und Flynn-Entdeckung Andy King, geboren im englischen Maidenhead und Enkel eines Walisers, in der "Hamburger Morgenpost": "Wir sind ihm dankbar. Brian hat uns ausgesucht." Dass teilweise englisches Blut in den Adern der Spieler fließe, sei ihnen egal, so King: "Wir sind stolze Waliser und kämpfen für unser Land!"

Falls dieser Kampf heute in Lyon im größten Spiel der Verbandsgeschichte auch zum Sieg über Portugal reicht, werden die Spieler im Moment des Triumphs auch wieder an Brian Flynn denken - den Erfinder ihrer "goldenen Generation", den "Schnüffler" der roten Drachen.

tim mit DPA

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