EURO-Fieber Aufwärmen der Superstars

Mit dem Duell Portugal gegen Griechenland startet heute die EM - Fußball-Europa darf sich auf eine hochklassige und spannende Endrunde freuen. Rudis Jungs fiebern dem Erzrivalen Holland entgegen.

Wenn am Sonnabend um 18.00 Uhr im Estádio do Dragao in Porto das Eröffnungsspiel zwischen Gastgeber Portugal und Griechenland angepfiffen wird, darf sich Fußball-Europa auf eine stimmungsvolle und spannende EM freuen.

Die Voraussetzungen für ein hochklassiges Turnier sind gegeben: Zidane, Beckham, Figo, Raul, Ballack & Co gehen verheißungsvoll frisch ins Rennen - dem vorzeitigen Ausscheiden der Spitzenclubs Real Madrid, Manchester United oder Bayern München sei Dank. Alle Teams hatten durch den relativ späten Turnierstart auch viel Zeit zur Vorbereitung. Bei der WM war es noch zwei Wochen weniger.

Auch der portugiesische Fußballverband schuf Rahmenbedingungen, die besser nicht sein konnten. Mit einer bemerkenswerten Improvisationskunst haben die nach Fußball verrrückten Portugiesen ihr Land reif für die EM gemacht und dabei viele Skeptiker eines Besseren belehrt. Zehn schmucke Arenen - sieben neu erbaut und drei von Grund auf renoviert - stehen längst bereit. Das ist viel mehr, als für die rund zehn Millionen Einwohner in Zukunft nötig sein wird. Mit knapp einer Milliarde Euro waren sie zudem viel teurer als geplant. Doch danach fragt in diesen Tagen niemand mehr.

Die Portugiesen freuen sich auf das größte Sportfest ihrer Geschichte und setzen hohe Erwartungen in die eigene Mannschaft. Auf der von Brasiliens Trainer Felipe Scolari trainierten Elf mit ihrem Superstar Luis Figo lastet ein immenser Druck, verstärkt noch durch den Champions-League-Gewinn des FC Porto. Doch die Nationalmannschaft hat in den letzten Wochen und Monaten selten geglänzt und zählt deshalb ebenso wenig zu den Top-Favoriten wie die deutsche Mannschaft.

Die Formation von Rudi Völler, trotz Vize-Weltmeisterschaft seit drei Jahren ohne Sieg gegen eine Top-Mannschaft und zuletzt sogar von Rumänien (1:5) und Ungarn (0:2) düpiert, hat international nicht mehr viel Kredit. Die eigene Bevölkerung, angefangen von Bundeskanzler Gerhard Schröder bis zu Formel 1-Star Michael Schumacher hofft allerdings unverdrossen an den Mythos der deutschen Turniermannschaft, die im Ernstfall die typisch deutschen Tugenden wie Einsatz, Kampfgeist, Laufbereitschaft abruft und damit die spielerischen Defizite überdeckt.

Seit Ankunft der deutschen Mannschaft im portugiesischen Urlaubsort Almancil grübelt Rudi Völler über die EM-Formation, die im Auftaktsklassiker die Holländer in die Knie zwingen soll. Gegen das spielstrake "Oranje"-Team hat sich der Teamchef nun doch für die zuletzt stark kritisierte Variante Viererkette entschieden. Auch der umstrittene Abwehrchef Nowotny bleibt weiter Völlers erste Wahl.

Auch wenn die spielerischen Defizite der deutschen Mannschaft keiner bestreitet, der Teamchef demonstriert weiter unerschüttert Selbstvertrauen: "Wir haben eine Mannschaft, die man erst einmal schlagen muss bei der EM", sagte Völler kämpferisch: "Da werden sich viele noch umschauen."

Und Oliver Kahn hält weiter selbst den EM-Sieg für erreichbar. "Wenn wir es schaffen, als Einheit aufzutreten, und jeder über die 100-Prozent-Grenze gehen will, ist alles möglich."

Im Finale aber erwartet die Fachwelt am 4. Juli nicht Deutschland, sondern die erneute Krönung Frankreichs. Die "Equipe tricolore", die vor vier Jahren in Rotterdam durch ein Golden Goal von David Trezeguet triumphierte, geht nach einer Serie von 18 Spielen ohne Niederlage mit immensem Selbstvertrauen ins Turnier. Das war allerdings vor zwei Jahren nicht anders - und trotzdem flogen die Franzosen nach einer blamablen WM-Vorrunde wieder nach Hause.

Alles scheint möglich. In wenigen Stunden sind wir schlauer, wenn der Ball rollt.

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