Interview mit DFB-Teamchef Rudi Völler nach dem 0:0 gegen Finnland.
Frage: Was geht in Ihnen nach diesem 0:0 gegen Finnland vor?
Völler: »Es tut weh. Es tut mir weh, es tut der Mannschaft weh. Aber das nützt alles nichts, wir müssen nach vorn schauen.«
Muss man sich nicht den Vorwurf machen, eine große Chance zur WM-Qualifikation leichtfertig vertan zu haben?
»Wie die Mannschaft in der zweiten Halbzeit gespielt hat, kann man ihr keinen Vorwurf machen. Das habe ich ihr eben auch in der Kabine gesagt. In der ersten Halbzeit waren wir noch zu unsicher, hatten das 1:5 gegen England noch in den Köpfen. Dann aber hat die Mannschaft alles versucht, alles probiert, und sie hätte den Sieg verdient gehabt.«
Wie beurteilen Sie die Leistung von Oliver Bierhoff?
»Er hat in der ersten Halbzeit wenig zu Stande gebracht. In der zweiten Halbzeit hatte er drei Riesenchancen, da fehlten die berühmten Zentimeter. So ist eben das Los eines Stürmers: Entweder bist du der Held oder der Loser. Ich mache ihm aber keinen Vorwurf, denn er hat alles probiert.«
Wäre es im Nachhinein klüger gewesen, Ulf Kirsten für dieses Spiel in die Nationalmannschaft zurück zu holen?
»Man sagt ja so schön, im Nachhinein sei man immer schlauer. Ich glaube das aber nicht und meine, dass es so richtig war.«
Was haben Sie in den drei Minuten zwischen dem Schlusspfiff in Gelsenkirchen und dem Abpfiff der Partie England - Griechenland in Manchester gemacht und gedacht?
»Ich bin auf den Platz gegangen und habe die Spieler unterrichtet, dass die Griechen 2:1 führen. Dann habe ich gehofft und gefiebert. Als ich sah, dass sich einige Spieler enttäuscht von dem Fernseher am Spielfeldrand abdrehten, war mir klar, dass es nichts genützt hat.«
Welchen Eindruck machten die Spieler in der Kabine?
»Die Mannschaft ist schwer enttäuscht, aber der Auftritt in der zweiten Halbzeit macht absolut Hoffnung für die Relegationsspiele.«
Macht Ihnen das Spiel gegen Finnland wirklich Mut?
»Natürlich. Ich bin absolut optimistisch, dass wir in der Relegation bestehen werden. Wir dürfen nicht liegen bleiben, dafür gibt es keinen Grund.«
Erstmals haben Sie in der Abwehr mit einer Viererkette gespielt. Ist dies das System für die Zukunft?
»Ich finde, wir standen recht gut mit dieser taktischen Marschroute. Es war ein Schritt nach vorn.«
Wir erklären Sie sich, dass sowohl Deutschland als auch England trotz Heimvorteils so große Probleme hatten.
»Dies war ein Spiegelbild unserer Gruppe. Da waren England und Deutschland die großen Favoriten. Finnland hat in allen Spielen gezeigt, wozu es in der Lage ist. Die Griechen waren zwar nicht konstant, sind aber an einem guten Tag zu allem fähig. Und Albanien war nicht das klassische Kanonenfutter, wie es andere Gruppen hatten. Unsere Gruppe war eine der stärksten - aber das soll jetzt keine Entschuldigung sein.«
Aufgezeichnet von Oliver Hartmann, dpa