An einer Tischtennisplatte stehen sich zwei junge Männer gegenüber - Baggy-Pants und lässige T-Shirts. Beide schwitzen, beide wirken sehr konzentriert. Der eine nennt sich "Lord Woldehead", der andere "Don Heado Corleone". "Lord Woldehead" sieht wüst und aggressiv aus, denn er hat sich die Vorderseite seines Schädels blank rasiert. "Don Heado Corleone" wirkt dagegen eher unscheinbar - ein Lockenkopf mit schmächtiger Figur, fast schon unsportlich.
Hip Hop-Beats und Energiedrinks
Im Hintergrund protzt ein schwarzer Geländewagen. Auf seinen Türen klafft die Werbung eines berühmten Energiedrinks - die Heckklappe ist weit geöffnet, ein riesiges Musik-Mischpult quillt heraus. Auf dem Dach sind zwei überdimensionale Verstärker angebracht, aus denen Old-School Hip Hop-Beats schallen.
An der Tischtennisplatte haben sich nun viele Zuschauer versammelt. Das Spiel fängt in wenigen Minuten an - ein riesiges Spektakel wird erwartet, denn beide Spieler gelten als Meister ihres Fachs. "Komm Heado, das packst du", brüllt ein Fan. "Woldehead, Woldehead! Mach ihn platt, Alter", schreit ein anderer.
Hier wird kein Tischtennis gespielt
"Don Heado" hat Angabe. Er nimmt den kleinen weißen Plastikball in beide Hände. In beide Hände? Wo ist der Schläger? Den brauchen sie nicht, denn hier wird kein Tischtennis gespielt, sondern Headis.
So begann vor einem Jahr das Halbfinale beim, in der Szene berühmten, "Headclash" in Köln - eines der größten Headis-Turniere, nach der Weltmeisterschaft. Johannes Höhn, alias "Don Heado Corleono" zog ins Finale ein und gewann das Spiel in einem dramatisch umkämpften Match.
Was ist Headis?
Fünf Freunde aus Kaiserslautern hatten vor sechs Jahren die Idee und riefen die neue Sportart ins Leben. René Wegner, der offizielle Erfinder von Headis, war damals zusammen mit seinen Freunden im Freibad. Eigentlich wollten die Jungs mit einem kleinen Plastikball Fußball spielen, doch die Kicker-Wiese war schon belegt. Da ließ sich der kreative Kopf etwas Neues einfallen - die Tischtennisplatte war noch frei. Werner schlug vor, den Ball mit dem Kopf über die Platte zu spielen - Headis war geboren.
Bis heute hat sich aus der Schnapsidee der Pfälzer eine richtige Sport-Bewegung gebildet. Nicht nur in Deutschland ist die Trendsportart bekannt und erfreut sich großer Beliebtheit in allen Gesellschaftsgruppen. Meist sind es Studenten oder Schüler, die sich mit dem Kopf an der Tischtennisplatte duellieren. Aber auch die älteren Generationen versuchen sich im neuen Szenesport.
Regeln und Spielform
Gespielt wird über zwei Sätze. Ein Satz geht bis elf. Jeder Punkt zählt. Einfache Spielregeln, die zu einem spannenden Spiel beitragen. Der kleine Plastikball darf nur mit dem Kopf und muss auf die Plattenhälfte des Gegners gespielt werden.
Auch spektakuläre Schmetterbälle sind möglich. Dabei steigt der Spieler mit beiden Händen auf die Platte und wirft sich nach vorne, um den Ball am höchsten Punkt früh zu treffen. Auch Johannes Höhn, die Nummer eins der Weltrangliste im Headis, feilt Woche für Woche immer wieder an seiner Spielweise und berichtet gegenüber sportal.de: "Man macht sich so seine Gedanken, wie man am besten seinen Gegner schlagen kann. Man entwickelt auch spezielle Techniken, je länger man spielt."
Auch Bundesliga-Clubs sind aufmerksam geworden
Neben zahlreichen Hobby-Spielern sind seit einiger Zeit nun auch Bundeliga-Profis auf Headis aufmerksam geworden. Sven Bender vom deutschen Meister Borussia Dortmund oder Sergio Pinto von Hannover 96 gehören unter anderen zu den Headis-Begeisterten. Meister-Trainer Jürgen Klopp ist sich sogar sicher und sagte bei headis.de, "dass Headis als spielerisches Element zur Kopfballschulung das Kopfballspiel verbessert".
Als eine sinnvolle Trainingsauflockerung sieht auch Mirko Slomka, Trainer von Hannover 96, die neue Sportart. Er bestellte Netze und die speziellen Headis-Bälle, um das neue Spiel bei Übungseinheiten im Trainingslager zu integrieren.
Vom Garten ins Stadion
Vor fünf Jahren fand die erste Headis-WM statt. Das Turnier wurde im kleinen Rahmen im Garten des Erfinders René Wegner ausgetragen. Am 22. und 23. Juli 2011 steht nun die fünfte Weltmeisterschaft auf dem Plan. Die Zeiten haben sich geändert und Headis hat sich auf die großen Bühnen vorgearbeitet - diesmal geht das Spektakel im Fritz-Walter-Stadion in Kaiserslautern an den Start. Dort wird das Turnier im Rahmen des Stadionfests des FCK ausgetragen.
Favorit ist der seit Längerem an Nummer 1 gesetzte Höhn, sie wissen schon: "Don Heado Corleone". Mit der großen Begeisterung und der wachsenden Prominenz hat der Sportstudent aber wahrscheinlich auch nicht gerechnet.
Headis als Verbesserung des Kopfballspiels
Nun soll eine Studie durchgeführt werden, die die Verbesserung des Kopfballspiels im Fußball durch Headis nachweisen soll. Diese Untersuchungen werden in Zusammenarbeit mit der Sportwissenschaft, des Hochschulsports der TU Kaiserslautern und der Jugendarbeit des 1.FCK durchgeführt.
Es wird interessant sein zu sehen, wo der Weg dieser neuen Sportart hinführen wird. Potenzial sich zu etablieren hat Headis jedenfalls. Eine neue Sportart, die begeisterungsfähig und actionreich ist, dramatisch umkämpfte Matches liefert und sehr ausgeflippte Athleten hervorbringt. Eine Kombination, die Lust auf mehr macht.
Stefan Nowak