Macrine, Sie sind relativ neu im Team der Welthungerhilfe vor Ort in Kinakoni. Was machen Sie genau?
Ja, das stimmt, ich bin seit Dezember dabei und kümmere mich um die Vernetzung mit den Start-ups in Nairobi. Ich bin der Social Entrepreneurship Officer, wie wir das nennen. Die Vernetzung ist ein Teil des Projekts. Wir wollen die Ideen aus der Stadt mit den Problemen auf dem Land, in Dörfern wie Kinakoni, zusammenbringen.
Wie viele Leute arbeiten genau im Projektteam vor Ort?
Wir sind insgesamt zu dritt. Ich, ein Field Officer und der sogenannte Head of Project, der Projektleiter. Wir alle sind Kenianer – ich selbst bin in Nairobi geboren.

Von wo aus arbeiten Sie genau?
Momentan noch von Ikutha aus, das ist eine kleine Stadt etwa eine Dreiviertelstunde von Kinakoni entfernt. Wir sind aber gerade dabei, nach Mutomo umzuziehen. Von dort geht die Piste nach Kinakoni ab. Dann sind wir deutlich näher am Projekt dran. Aber auch jetzt ist eigentlich fast jeden Tag immer jemand von uns vor Ort.
Was war Ihr erster Eindruck von Kinakoni?
Ich dachte: Das ist ein Dorf mit vielen Möglichkeiten, voller Potential und auch voller Hoffnung.
Aber es muss ja auch Probleme geben. Wo hakt es denn?
Im Prinzip läuft es sehr gut. Aber es stellt sich etwas mühsamer heraus als gedacht, tatsächlich die Innovationen aus der Stadt aufs Land zu bringen. Gleich am Anfang des Projekts hatten wir ja zum Beispiel mit Swiftlab eine Drohnenfirma mit nach Kinakoni gebracht. Sehr spannende Sache. Die kartieren Felder mit Drohnen, bringen so auch Pestizide aus. Das Team merkte aber schnell. So spannend das für größere Farmen ist, für Kinakoni bringt das am Ende doch zu wenig. Wenn man sich im Detail mit den Problemen von Kinakoni beschäftigt, merkt man schnell, dass die Unterschiede zwischen Land und Stadt einfach riesig sind.
Wurde das unterschätzt?
Natürlich wissen wir, in welcher Lage sich Dörfer wie Kinakoni befinden, wir kannten die Armut, die Wasserprobleme, all das. Was vielleicht nicht so klar war: Dass es in den Inkubatoren in Nairobi zwar sehr viele spannende Projekte und auch Business-Ideen gibt – die meisten aber eher auf die Menschen in der Stadt zielen. Da funktionieren die super. Wir mussten also unser Netz etwas weiter auswerfen.
Was heißt das konkret?
Ein paar Beispiele: Momentan sind wir in Gesprächen mit einer Firma aus Nairobi namens TechLit. Die statten Schulen mit Computern aus, bringen den Kindern auch die Grundzüge von IT oder Coding bei. In dem Bereich hatte zunächst eine andere Firma für uns einen Pilottag in Kinakoni organisiert. Das lief toll, wir merkten, dass es für Kinder tatsächlich viel bringt. Am Ende aber passte das Angebot dieser Firma doch nicht so perfekt auf Kinakoni – bei TechLit allerdings sieht es sehr gut aus. Ein anderes Start-up, mit dem wir gerade in Gesprächen sind, ist Drop Access. Die stellen unter anderem solarbetriebene Kühlboxen her. Wir sehen ja, dass der Transport und die Aufbewahrung gerade von Vakzinen im Dorf ohne Kühlung ein großes Problem darstellt. Wir können uns vorstellen, die Produkte dieser Firma in Kinakoni auszuprobieren, immer auch mit Ziel, zu schauen, ob es funktioniert und dann skalierbar ist, damit auch andere Dörfer davon etwas haben.
Klingt spannend, aber ist es auch genau das, was die Menschen brauchen?
Das ist eben für uns die entscheidende Frage. Denn wir müssen ja sehen: Wir befinden uns gerade in der schlimmsten Dürre seit mindestens zehn Jahren, die Lage in vielen Regionen Kenias ist kritisch, Tiere verenden, Menschen leiden. Und Kinakoni ist von der Dürre nicht verschont. Auch hier geht es vielen Familien nicht gut. Manche Ideen lassen sich derzeit nur schwer verwirklichen, etwa ein Gemüsegarten bei der Schule. Oder wieviel bringt es, solarbetriebene Öfen zu pilotieren, wenn die Familien nichts haben, was sie darauf kochen können? Das müssen wir immer abwägen, und deswegen haben wir uns im ersten Jahr des Projekts auch zunächst den elementarsten Problemen gewidmet, der Wasserversorgung zum Beispiel mit den Tanks zur Speicherung des Regenwassers, was am Felsen abläuft. Aber selbst da müssen wir jetzt das Wasser rationieren. Die Dürre ist einfach dramatisch.
Es muss ja auch Beschwerden geben von Seiten der Menschen aus Kinakoni über das Projekt, oder?
Natürlich gibt es die, alles andere wäre ja seltsam. Zum Beispiel bei dem Versuchsfeld, das wir mit unseren Partnern der Firma Latia angelegt haben. Das bringt tolle Erträge, mitten in der Dürre kann hier etwas geerntet werden. Einige Familien waren aber irritiert, dass sie für das Gemüse etwas bezahlen sollten, auch wenn es verbilligt war. Wir mussten da erstmal den Hintergrund erklären: Die Einnahmen werden von einem Komitee der Dorfbewohner verwaltet und werden anschließend in das Versuchsfeld reinvestiert – sonst ließe sich das gar nicht fortführen.
Was sagen denn die Menschen aus den benachbarten Dörfern? Gibt es da Klagen, weil in Kinakoni so viel geschieht – aber nicht bei Ihnen?
Das ist für uns total wichtig, und darauf achten wir sehr genau. Bislang gibt es nicht wirklich Beschwerden, denn zum Einen profitieren ja auch diese Menschen von den Fortschritten, haben besseren Zugang zu Wasser. Und wir versuchen immer klar und sehr transparent zu machen, was in Kinakoni geschieht. Und dass auch andere Dörfer später davon profitieren sollen.
