Die wirtschaftliche Stimmung in Deutschland ist wenige Tage vor der Europawahl etwas gedrückt, die Konjunktur kommt nicht so richtig in Gang. Doch im europäischen Vergleich geht es den Deutschen immer noch besonders gut. Das zeigt sehr anschaulich eine Auswertung des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW). Die interaktive Grafik zeigt auch, wie die Verteilung der Einkommen in den EU-Staaten ist – und wo Sie mit Ihrem Einkommen stehen.
Als Vergleichswert kommen die IW-Experten auf ein mittleres EU-Nettogehalt von 1529 Euro. In Deutschland beträgt es 1942 Euro. Um die Haushaltsgehälter überhaupt vergleichen zu können, hat das IW die Gehälter nach dem Bedarf der einzelnen Einkommensbezieher gewichtet und auch die unterschiedlichen Preise in der EU berücksichtigt. Streng genommen handelt es sich bei allen Angaben um "kaufkraftbereinigte Euro".
Deutschland liegt im Vergleich der Einkommen auf Rang 6
Das Land mit dem höchsten Einkommen ist Luxemburg – und zwar mit weitem Abstand mit 2750 Euro. Auch Österreich (2126 Euro), die Niederlande (2116 Euro), Belgien (2003 Euro) und Dänemark (1952 Euro) verzeichnen Einkommen mit höherer Kaufkraft als Deutschland, das in diesem Vergleich auf Rang 6 liegt. Deutlich unter 1000 Euro liegen dagegen die mittleren Einkommen in Griechenland, der Slowakei, Ungarn, Rumänien und Bulgarien.
In Bulgarien beträgt das mittlere Einkommen 802 Euro, nur wenig mehr als die Hälfte vom EU-Schnitt. Immerhin konnten die osteuropäischen Länder zuletzt aber deutlich aufholen. "Die Einkommen in Europa haben sich dadurch angenähert", erklärt IW-Volkswirtin Judith Niehues. In Tschechien etwa beträgt das gemittelte Gehalt inzwischen 1300 Euro, Slowenien liegt mit 1572 Euro sogar über dem EU-Schnitt.
Wo Sie ganz persönlich mit Ihrem Gehalt stehen
Auf der folgenden Grafik können Sie sehen, wo Sie sich in diesem europäischen Vergleich mit Ihrem persönlichen Einkommen befinden. Dazu werden ein paar Annahmen gemacht, die weiter unten erklärt sind. Sie müssen nur Ihr Einkommen eintragen und die Zahl der Haushaltsmitglieder über 14 und darunter. Oben rechts können Sie ein anderes Vergleichsland auswählen.
So kommen die Ökonomen zu ihren Zahlen
Für den Vergleich wird das mittlere Gehalt in jedem Land genommen, kein Durchschnittswert, sondern der sogenannte Median. Das heißt: Es gibt genau so viele Menschen mit einem höheren Gehalt wie mit einem niedrigeren Gehalt als dem Mediangehalt. Gerechnet wird mit dem Nettogehalt, das heißt Steuern und Sozialabgaben sind schon abgezogen. Und es werden alle Einkommensarten berücksichtigt, also auch Renten, Zinsen oder Mieteinnahmen.
Dann rechnen die IW-Forscher das jeweilige Familiengehalt so um, als wäre jedes Mitglied alleinverdienender Single. Dabei berücksichtigen die Wirtschaftsforscher, dass ein tatsächlicher Single mehr Kosten hat als Mitglieder einer Familie, die sich ja die Wohnung und alles andere teilen. Das nennt sich "bedarfsgewichtetes Einkommen". Schließlich berücksichtigt das Institut der Deutschen Wirtschaft, dass man für einen Euro nicht überall in der EU gleichviel bekommt. So sind die Preise in Deutschland zum Beispiel höher als in den meisten anderen EU-Staaten.
Euro ist nicht gleich Euro – Unterschiede in der Kaufkraft
Das führt dann zu einem "kaufkraftbereinigten" Einkommen, das dann EU-weit vergleichbar ist. In Deutschland sind das die genannten 1942 Euro. Weil in Deutschland die Preise höher sind als im EU-Schnitt, entspricht das deutsche mittlere Gehalt dem tatsächlichen Eurobetrag von 2097 Euro in deutschen Preisen.
Man kann sich das so vorstellen: Würde man sein ganzes Gehalt ausgeben, aber statt in Deutschland einzukaufen, seine Einkäufe gleichmäßig auf alle EU-Länder verteilen, bräuchte man für dieselben Einkäufe (sowie Miete und so weiter) nur 1942 Euro. Das identische Produkte unterschiedlich teuer sind, gilt nicht nur für Länder mit unterschiedlichen Währungen, sondern auch innerhalb des Euro-Raums.
Die Einkommen in Deutschland sind im EU-Vergleich eher gleichmäßig verteilt
Die Autoren der Studie, Judith Niehues und Maximilian Stockhausen vom Institut der Deutschen Wirtschaft, haben sich auch angeschaut, wie groß die Verteilung der Einkommen innerhalb des jeweiligen Landes ist. Am gleichmäßigsten verteilt sind die Einkommen in der Slowakei, Slowenien und Tschechien. Besonders ungleich verteilt sind die Einkommen in Bulgarien, Litauen und Lettland.
Die Verteilung der Einkommen können Sie sich in der Grafik oben anschauen, wenn sie statt "Europäische Union" ein anderes Vergleichsland auswählen. Deutschland liegt in dieser Hinsicht etwas besser als der Durchschnitt aller EU-Länder.
Wichtig zur Beurteilung: Der Vergleich bezieht sich nur aufs Einkommen. Das Vermögen in den EU-Staaten haben die IW-Experten in ihrer Rechnung nicht berücksichtigt. Außerdem gibt es innerhalb der jeweiligen Länder ebenfalls Unterschiede zwischen den Regionen, sowohl in Einkommen als auch in Kaufkraft. So kriegt man zum Beispiel im Landkreis Cuxhaven mehr für sein Geld als in Stuttgart.