Selbst im Pleite-Imperium eines Leo Kirch sollen sich ein paar Perlen finden lassen. Die TV-Gruppe Pro Sieben Sat.1 Media AG, meint zumindest die Kirch-Konkurrenz, sei so eine. Auf sie sind nahezu alle Unterhaltungskonzerne scharf. Tatsächlich hat sich die Aktie der Fernsehfirma, die neben den im Namenszug genannten Sendern noch Kabel 1 und N24 betreibt, zuletzt ganz gut geschlagen. Während die Branche unter Werbeeinbußen ächzt und viele Firmen an Wert verlieren, notierte die Pro Sieben Sat.1 Media AG in den vergangenen drei Monaten stabil um zehn Euro und schreibt zumindest noch kleine Gewinne. Viele Banken empfehlen, das Papier zu halten, Dresdner Kleinwort Wasserstein rät zum Kauf.
Doch die Optik täuscht. In Wirklichkeit läuft derzeit nicht viel bei Kirchs Fernsehen. Vor allem nicht beim Sender Pro Sieben, dem mit US-Filmen und Stefan-Raab-Geblödel als Premium-TV hochstilisierten Profitbringer der Gruppe - der einzigen echten Cash-Cow.
Pro Sieben verliert rasant Zuschauer. Das Dilemma: Da schon die Sendungen beim Publikum nicht mehr ankommen, gelingt es den Werbeblöcken noch viel weniger. So harrten im Juni durchschnittlich nur 390.000 Zuschauer in der begehrten Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen aus, wenn die Werbespots liefen; im Jahr zuvor waren es 130.000 mehr.
»Wenn sich die enttäuschenden Zahlen auch im Sommer fortsetzen«, meint David Linn, Manager bei einem der weltweit größten Werbeplaner, HMS & Carat, »dann hat Pro Sieben ein echtes Problem.« Nach den Ferien werden die TV-Spots für den Rest des laufenden und den Beginn des kommenden Jahres gebucht. Ein Milliardengeschäft. Linn: »Dann müssen die schlechteren Sender dran glauben.«
Pro Sieben stellt sein Programm nun auf den Prüfstand. Das sollten Anleger auch mit der Aktie tun. Gelingt die Kehrtwende, »kommt der Sender vielleicht mit einem blauen Auge davon«, meint Linn. Gelingt sie nicht, dürften viele sich an einen Film bei Pro Sieben erinnert fühlen: »Check-in to Desaster«. Er hielt, was der Titel versprach.
Johannes Röhrig