Bundeshaushalt Schöner sparen mit Peer Steinbrück

  • von Hans Peter Schütz
Für Finanzminister Steinbrück läuft derzeit alles rund: Die Steuereinnahmen sprudeln, allein 2008 sollen es 22 Milliarden Euro mehr sein. Steinbrück nutzt das Geld, um die Neuverschuldung herunter zu fahren - und einen soliden Haushaltsplan für 2008 vorzulegen.

Man kann Peer Steinbrück vieles vorhalten. Eigentlich sei er gar kein richtiger Sozi. Habe nie SPD im Ortsverein von der Pike auf gelernt. Sei irgendwie in die Partei gerutscht und dort nach steiler Beamtenkarriere nach ganz oben gekommen. Lasse jederzeit und jedermann spüren, dass er schneller denkt als andere. Eines spricht dem Bundesfinanzminister aber niemand ab: Selbstbewusstsein. Spürbar wird das, wenn er mal schnell in einem Interview sagt, er habe es leid, dass Politiker permanent als Schwachköpfe dargestellt werden.

Ein guter Tag für Steinbrück

Mit Bedacht hat der Mann sein Lieblingstier gewählt, das Nashorn: "Die kommen langsam in Gang, aber wenn sie einmal in Fahrt sind, hält sie nichts mehr auf." Ab dieser Woche wird der Bundesfinanzminister mit noch größerer Bugwelle zu besichtigen sein. Am Sonntagnachmittag wurden den Bundesministern die Unterlagen für die aktuelle Finanzplanung in die Kabinettsfächer geschoben, die sie dann am kommenden Mittwoch abnicken dürfen. Das wird ein guter Tag für Steinbrück.

Denn die haushaltspolitische Planung der Bundesregierung für die kommenden vier Jahre steht. Das solide Ergebnis kann sich sehen lassen. Die finanziellen Wunschzettel der Ressortminister für 2008 hat er von sieben Milliarden um zwei Drittel auf 2,4 Milliarden Euro Mehrausgaben zusammengestrichen. Zwar macht der Staat im nächsten Jahr immer noch 12,7 Milliarden Euro neue Schulden. Aber immerhin: In der ursprünglichen Finanzplanung für 2008 waren 21,5 Milliarden neue Schulden vorgesehen gewesen.

Sprudelnde Steuereinnahmen

Möglich geworden ist die Abspeckaktion um 40 Prozent trotz neuer Belastungen des Bundeshaushalts (etwa durch die Gesundheitsreform oder durch die Unternehmensteuerreform) dadurch, dass die Steuereinnahmen sprudeln wie seit Jahren nicht mehr: 22 Milliarden Mehreinnahmen werden 2008 erwartet. Es klingelt also ordentlich in der Staatskasse. Nur: Der aktuelle Schuldenstand der Republik beträgt derzeit 1,5 Billionen, das sind 1500 Milliarden.

In der mittelfristigen Finanzplanung bis 2011 kürzte Steinbrück die Ausgabenwünsche der Minister von insgesamt 28 Milliarden auf knapp unter zehn Milliarden zusammen. Damit ist im Finanzplan der Rahmen der jährlichen Mehrausgaben um rund zwei Milliarden einigermaßen eingehalten worden.

Ab 2011 soll's ohne neue Schulden gehen

Spätestens 2011 will Steinbrück einen Etat vorlegen, der ohne neue Schuldenmacherei auskommt. Das hat seit 40 Jahren kein Finanzminister mehr geschafft. Denkbar sogar, dass er das Ziel bereits schon früher erreicht, vielleicht schon im Bundestagswahljahr 2009. Darüber öffentlich zu spekulieren, lehnt er brüsk ab; er sei doch "nicht so bescheuert." Dass er insgeheim darüber nachdenkt, was für ein schöner Wahlkampfknüller für die SPD das wäre, darf ihm unterstellt werden. Für dieses Ziel legt er sich quer. Er habe vollauf damit zu tun, die Kasse zusammenzuhalten, sagt er. Viele Kollegen möchten die Steuermehreinahmen am liebsten "mit vollen Händen" wieder verbraten. "Im Himmel ist doch kein Jahrmarkt," schimpft er.

Bei früheren Regierungen war das oft genug der Fall. Haushaltsgespräche liefen stets ab wie bei Teppichhändlern. Devise: Hoch einsteigen, ein bisschen nachgeben, aber am Ende dann immer noch einen guten Schnitt machen. Und oft genug manövrierten die geldgierigen Fachminister den Finanzminister aus, indem sie im Vorfeld der Gespräche den jeweiligen Regierungschef mobilisierten, um sich dann auf ihn und dessen Unterstützung zu berufen.

Vierer-Bande legte Sparziele fest

Diesem Spiel über die Bande beugte die Große Koalition über eine Vierer-Bande vor. Vor den Einzelgespräche mit den Ministern legten die Kanzlerin, Vizekanzler Franz Müntefering, Kanzleramtschef Thomas de Maizière und Steinbrück Sparkurs und Sparziele fest. Der Finanzminister wollte von Merkel wissen, ob sie zum Ziel der Null-Neuverschuldung im Jahr 2011 stehe. Ihre Antwort: "Ich stütze das als Kanzlerin!" Damit war ein beliebtes Schlupfloch zu.

Natürlich hatte die Rückendeckung Merkels politische Preise. Sie forderte zum Beispiel ein Signal für den G-8-Gipfel: mehr Entwicklungshilfe für Afrika. Prompt bewilligte Steinbrück dem Entwicklungshilfe-Etat zusätzlich 670 Millionen - 14,9 Prozent mehr, ein Zuwachs, den kein anderes Ressort erreichen konnte. Das ging zu Lasten anderer Großverbraucher im Kabinett. Sowohl Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) wie Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) hatten ins so genannte Chefgespräch mit Steinbrück für 2008 jeweils Nachforderungen von mehr als einer Milliarde angemeldet. Der eine wollte mehr Autobahnen bauen und ins Berliner Stadtschloss investieren. Der andere wollte den Wehrsold erhöhen und neues Kriegsgerät kaufen. Tiefensee bekommt jetzt 430 Millionen weniger als im Vorjahr. Jung musste sich mit einem Zuwachs von 900 Millionen bescheiden.

Volle Rückendeckung der Kanzlerin

Der Klageweg über die Kanzlerin war den beiden Ministern versperrt. Ebenso rigoros bürstete Steinbrück Milliarden-Wünsche von Wirtschaftsminister Michael Glos ab - auch hier unterstützt von einem Machtwort Merkels. Großzügig bedient hat er andererseits Familienministerin Ursula von der Leyen (plus 18 Prozent) und Bildungsministerin Annette Schavan (plus 7,8 Prozent). "Steinbrück definiert sich als Finanzminister nicht über parteipolitische Erfolge," sagt einer seiner engen Mitarbeiter, "sondern pragmatisch über Erfolge in der Sache, auch wenn die den Mädels mit dem anderen Parteibuch zugute kommen." Steinbrück operierte nach dem Motto: "Es kann nicht alles gleich wichtig sein."

In den Chefgesprächen, zu denen er auch mit Innenminister Wolfgang Schäuble und Umweltminister Sigmar Gabriel zusammentraf, befolgte Steinbrück eisern seinen Grundsatz: "Immer schön Klartext reden." Parteidisziplin ist ihm keine Tugend, wenn sie ihm Verzicht auf seinen ausgeprägten Realitätssinn abverlangt. Vom Amt des Finanzministers sagt er, der habe nun einmal die "prädestinierte Arschkarte." Eines seiner Vorbilder in der Politik heißt (neben Helmut Schmidt) Karl Schiller, und der hat die Genossen einst mit dem Satz zusammen gefaltet: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank!" Als "Rotstift auf zwei Beinen" wie Eichel will Steinbrück nicht durch die Politik laufen.

Keine Neuauflage von Eichel/Schröder

Amtsvorgänger Hans Eichel hatte Sparschweine auf seinem Schreibtisch aufgebaut, um seinen Ruf als "Sparhans" zu festigen. Der war schnell weg, als Kanzler Gerhard Schröder die Sparappelle Eichels rüde mit dem Satz abfertigte "Nun lass mal gut sein, Hans." Käme ihm Angela Merkel auf diese Tour, hat Steinbrück einmal gesagt, dann "nehme ich mir einen Drink und sage tschüss."