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Starke Währung Der Euro wird immer stärker - warum unternimmt die EZB nichts?

Starker Euro? EZB-Präsident Mario Draghi interveniert bislang nicht
Wann wird er ein Machtwort gegen den starken Euro sprechen? EZB-Präsident Mario Draghi intervenierte bislang nicht
© Arne Dedert/DPA
Es ist nicht lange her, da kratzte der Euro an der Marke von einem Dollar. Seit Jahresbeginn aber wird die EU-Währung immer stärker. Was Verbraucher freut, stößt in der Wirtschaft auf Skepsis.

Der Euro wird an den Finanzmärkten immer stärker. Am Dienstag stieg die europäische Gemeinschaftswährung erstmals seit gut zweieinhalb Jahren über die Marke von 1,20 US-Dollar. Seit Jahresanfang hat der Euro vor allem gegenüber dem Dollar aufgewertet. Der Kursanstieg lastet nicht nur auf der Wettbewerbsfähigkeit der Exportunternehmen, auch die Europäische Zentralbank (EZB) ist besorgt. Allein, sie handelt nicht. Selbst Fachleute fragen sich, warum EZB-Präsident Mario Draghi nicht mit Worten interveniert. Es wäre schließlich nicht das erste Mal.

Die Gründe für die Euro-Stärke sind teils hausgemacht, teils kommen sie aus dem Ausland. Beobachter nennen auf der einen Seite das robustere Wirtschaftswachstum im Euroraum und das sich langsam abzeichnende Ende der EZB-Krisenpolitik. Auf der anderen Seite läuft es in den USA nicht mehr so rund. Die dortige Wirtschaft wächst zwar, aber nicht ganz so dynamisch wie früher. Schwerer wiegt, dass an den Märkten die "Trump-Euphorie" verflogen ist: Hatte der Dollar vom Wahlsieg des US-Präsidenten zunächst profitiert, herrscht mittlerweile Katerstimmung. Denn Trump hat bisher kaum eines seiner Wahlversprechen umgesetzt. Gehofft hatte man auf Steuersenkungen und Ausgabenprogramme.

Zeichen sprechen weiter für starken Euro

Und die Zeichen stehen weiter ungünstig für den Dollar. Seit Wochenbeginn steht die US-Währung aus zwei weiteren Gründen unter Druck: Zum einen sorgt die schwere Sturmflut in Texas für erhebliche Verunsicherung unter Investoren. Am Dienstag schließlich kam ein neuer Raketentest Nordkoreas hinzu. Erstmals seit zwanzig Jahren ließ Diktator Kim Jong Un eine Rakete über Japan fliegen. In diesem riskanten Umfeld steuern Anleger klassische "sichere Häfen" wie den Schweizer Franken an. Der Dollar verliert im Gegenzug.

Die EZB, Hüterin des Euro, bleibt angesichts der Kursgewinne erstaunlich gelassen. Das zeigte sich zuletzt am vergangenen Freitag, als EZB-Chef Mario Draghi den Euro auf der wohl wichtigsten Notenbankkonferenz der Welt mit keiner Silbe erwähnte. Dabei ist klar, dass ein starker Euro Waren außerhalb der Eurozone verteuert und so den konjunkturellen Aufschwung dämpfen kann. Zudem droht das EZB-Inflationsziel - der Hauptgrund für die ultralockere Geldpolitik der Notenbank - infolge fallender Einfuhrpreise gänzlich außer Reichweite zu geraten.

Mario Draghi wandelt auf schmalem Grat

Warum also schweigt Draghi? Fachleute tun sich mit der Beantwortung dieser Frage nicht leicht. Ein Grund könnte das Kursniveau des Euro sein. Nicht wenige Beobachter sehen den Euro mit 1,20 Dollar als "fair", also nicht besonders hoch bewertet an. Auch ist der Euro von seinem Rekordhoch bei 1,60 Dollar, erreicht im Sommer 2008, meilenweit entfernt. Hinzu kommt, dass sich Notenbanker immer auf schmalem Grat bewegen, wenn sie gegen die eigene Währung intervenieren. Denn grundsätzlich haben sich die wirtschaftsstärksten Länder der Welt darauf geeinigt, am Devisenmarkt nicht direkt zu intervenieren.

Ein Machtwort Draghis ist jedoch nicht vom Tisch. Die Fachleute von der Commerzbank können sich vorstellen, dass Draghi auf der nächsten Zinssitzung der EZB am 7. September eingreift. Dann könnte Draghi ähnlich vorgehen wie Anfang 2013, als er den damaligen Kursanstieg als Risiko bezeichnete und die Wirkung - ein fallender Euro - nicht lange auf sich warten ließ. Sicher ist eine Intervention allerdings nicht. Schließlich hat Draghi bisher geschwiegen, obwohl einige in der EZB angesichts der Euro-Aufwertung bereits alarmiert sind.

tis/Bernhard Funk DPA

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