Wie das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" in seiner Montagausgabe berichtete, vermuten Branchenkenner dahinter namhafte spanische Hotelkonzerne wie den Marktführer Sol Melia, die NH Hoteles-Gruppe oder die Familienfirma Barcelo. Während der "Spiegel" schreibt, der WestLB läge aus Spanien bereits eine Absichtserklärung vor, erfuhr Reuters aus mit der Situation vertrauten Kreisen, es gebe bisher lediglich Interessensbekundungen, allerdings sowohl von Finanzinvestoren als auch von strategischen Investoren aus dem Umfeld der Reisebranche. Ein Verkauf stehe aber nicht unmittelbar bevor.
Besser als Zerschlagung durch Finanzinvestors
Sowohl in Banken- als auch in Touristik-Kreisen heißt es seit längerem, ein Einstieg großer Hotel- oder Kreuzfahrtgesellschaften beim größten Reisekonzern in Europa könnte Sinn machen und würde zudem die von Tui befürchtete Zerschlagung durch einen reinen Finanzinvestor verhindern. Tui zählt allerdings mit zahlreichen eigenen Hotelgruppen (Iberotel, Grecotel, Robinson Club) und der 50-Prozent-Beteiligung an der spanischen RIU-Gruppe selbst zu den großen Hoteliers in der Reisebranche. Insofern könnte der Einstieg eines unmittelbaren Konkurrenten auf dem Hotelsektor strategisch auch gewisse Probleme bereiten, hieß es in den Kreisen weiter.
Ein Tui-Sprecher wollte den Bericht nicht bewerten. "Uns ist davon nichts bekannt. Wir werden das jetzt prüfen", sagte der Sprecher. Auch eine Sprecherin von Sol Melia, dem weltweit zehntgrößten Hotelkonzern und größtem Anbieter von Ferienhotels, lehnte einen Kommentar ab. Die WestLB verwies auf die verschiedenen Spekulationen zur Übernahme der Tui-Aktien der Bank in den vergangenen Wochen. "Wir kommentieren solche Marktgerüchte grundsätzlich nicht", sagte ein Sprecher. Erst am Freitag war aus bankennahen Kreisen verlautet, dass mehrere US-Beteiligungsfonds Interesse an Tui hätten, allerdings keinen ausreichenden Preis geboten hätten.
Tui und WestLB halten sich bedeckt
Der Sprecher bekräftigte zudem, die Bank stehe nicht unter Zeitdruck und und werde ihr Tui-Paket nur zu einem angemessenen Preis verkaufen. Der Anteil von Tui steht nach einer größeren Wertberichtigung seit Jahresende 2003 bei der WestLB noch mit 16,50 Euro in den Büchern, zehn Prozent über dem derzeitigen Tui-Aktienkurs von rund 15 Euro. Die Tui-Aktie hatte seit ihrem Elf-Monats-Tief Ende Juli 17 Prozent zugelegt. Bei einem zu niedrigem Aktienkurs droht Tui im September der Abstieg aus dem Deutschen Aktienindex (Dax) der 30 wichtigsten börsennotierten Unternehmen in Deutschland, was den Kurs weiter drücken könnte.
Konzernchef Michael Frenzel hatte in den vergangenen Wochen mehrfach die Gefahr einer feindlichen Übernahme bestätigt, ohne aber konkrete Interessenten zu nennen. Am Aktienmarkt war Tui von Analysten und Händlern deshalb unterstellt worden, die Gerüchte bewusst am Leben zu halten, um den Aktienkurs mit Blick auf den drohenden Dax-Abstieg nach oben zu treiben.
Spanische Banken könnten Deal finanzieren
In Spanien hatte der Vize-Präsident der Hotelkette Barcelo, Simon Pedro Barcelo Vadell, kürzlich in einer spanischen Tageszeitung für Beteiligungen an Reiseveranstaltern geworben. Einheimische Hoteliers müssten sich an ausländischen Reiseveranstaltern beteiligen oder sie komplett übernehmen, um die Nachfrage nach Urlaub in Spanien zu steigern, erklärte er in dem Interview, auf das sich auch der "Spiegel" beruft.
Die Finanzierung des geplanten Geschäfts könnten spanische Banken wie Santander Central Hispano oder BBVA bereitstellen, deren Kredite sich durch einen späteren Verkauf der lukrativen Tui-Containerschiff-Tochter Hapag-Lloyd leicht zurückführen ließen. Tui plant für Hapag-Lloyd bislang einen Börsengang, über den allerdings noch nicht entschieden ist.
Aktienpaket ist rund drei Milliarden Euro wert
Ein Käufer des gut 31-prozentigen Tui-Pakets der WestLB müsste nach dem deutschen Übernahmegesetz zudem allen übrigen Aktionären ein Kaufangebot machen. Legt man den WestLB-Buchwert der Tui-Aktie von 16,50 Euro zugrunde wären nach Reuters-Berechnungen für die gut 178 Millionen Tui-Aktien rund drei Milliarden Euro aufzubringen. (Reuters)