Die Absage des Börsengangs der Hochtief-Tochter Concessions war für viele Marktteilnehmer eine böse Überraschung - doch dürften sich die Folgen für andere Börsenkandidaten in Grenzen halten. Analysten gehen weiter davon aus, dass der Markt im kommenden Jahr wieder in Schwung kommt. Das Scheitern der Hochtief-Pläne schreiben sie ungünstigen Umständen wie der Dubai-Krise sowie hausgemachten Problemen zu.
"Da die Perspektiven für den Aktienmarkt gut aussehen, dürften im ersten Halbjahr 2010 auch wieder Unternehmen den Sprung aufs Börsenparkett wagen", prognostiziert Unicredit-Analyst Christian Stocker. Spekuliert wird unter anderem darauf, dass die Immobilienunternehmen Deutsche Annington und GSW, der Chemikalienhändler Brenntag, der Messtechnik-Konzern Elster und der Druck-Zulieferer Flint den Sprung aufs Börsenparkett planen. Auch Deutschlands drittgrößter Versicherer Talanx, der bereits seit Jahren mit der Börse liebäugelt, könnte 2010 endlich auf dem Kurszettel auftauchen.
Am kommenden Mittwoch schon steht das Börsendebüt von Scan Energy an, allerdings spielt der dänische Wind-und Solarparkbetreiber angesichts der zu erwartenden Erlöse von weniger als 250 Millionen Euro eine Liga tiefer als Concessions. Selbst die Hochtief-Tochter könnte einen neuen Anlauf nehmen, sagt Stocker. "Ich gehe davon aus, dass der Börsengang für einige Monate aufgeschoben ist, bis sich die Lage wieder gebessert hat."
Auf Hochtief Concessions ruhten nicht nur die Hoffnungen der Muttergesellschaft. Nachdem sich seit mehr als einem Jahr kein großes Unternehmen an den Kapitalmarkt getraut hatte, sollte die Tochter des Essener Baukonzerns der Eisbrecher sein. Mit einem Volumen von bis zu einer Milliarde Euro wäre das Unternehmen der größte Börsengang in Deutschland seit November 2007 gewesen. Doch am Donnerstagabend sagte Hochtief das Vorhaben im letzten Augenblick ab.
"Hochtief Concessions war ein Sonderfall", sagt Stocker. Branchenexperten sprechen von einem komplexen Geschäftsmodell und einem schlechten Timing. In der Tochter hat Hochtief Beteiligungen an Flughäfen gebündelt, im Ausland etwa an denen von Budapest und Athen. Oft sind diese Beteiligungen nur Minderheitsanteile, womit Concessions bei den Unternehmen nicht das Sagen hat. Ein solches Geschäftsmodell sei sehr schwierig vermittelbar, sagt LBBW-Analyst Arne Menzel.
Analysten sind allerdings auch der Ansicht, dass Hochtief zusätzlich Pech hatte. Das Bekanntwerden der Finanzprobleme des Emirats Dubai und die daraus resultierenden Kurskapriolen an den weltweiten Aktienmärkten fielen ausgerechnet in die entscheidende Phase des Initial Public Offering (IPO) von Concessions. Angesichts des Bau-Booms in Dubai gerieten insbesondere die Kurse von Baukonzernen unter Druck. Diese Schlagzeilen hätten den Investoren vor Augen geführt, was passieren kann, wenn man stark in anderen Ländern engagiert ist, erläutert LBBW-Analyst Menzel. Auch die Versicherung von Hochtief, in dem Emirat nur marginal engagiert zu sein, konnte den Makel letztlich nicht beseitigen.
Zudem war der Zeitpunkt des Börsengangs nach Einschätzung von Analysten ungünstig. "Der Dezember ist traditionell kein sehr guter Monat für einen IPO, weil die Investoren keine neuen Risiken mehr eingehen wollen", sagt ein Banker. "Viele Investoren haben schon ihre Bücher geschlossen und überlegen sich dreimal, was sie jetzt noch in ihre Bücher nehmen", ergänzt Analyst Manuel Martin von Close Brothers Seydler. "Man sollte schnell einen Strich unter das Jahr 2009 ziehen - 2010 werden die Karten dann neu gemischt."