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Vermögensstudie Die Deutschen sind erheblich reicher als gedacht – aber nur die eine Hälfte

Eine Studie berechnet die Vermögen der Deutschen neu
Eine Studie berechnet die Vermögen der Deutschen neu
© Getty Images
Eine Studie rechnet vor, dass die Deutschen wesentlich mehr Vermögen haben als die offiziellen Statistiken ausweisen. Demnach stehen vor allem zwei Gruppen besser da.

Wie reich sind die Deutschen? Und wie verteilt sich der Wohlstand? Im Gegensatz zum Einkommen der Bürger, das sich ziemlich genau bestimmen lässt, gibt es bei der Schätzung von Vermögen wesentlich größere Unsicherheiten. Eine aktuelle Studie rechnet nun vor, dass die Deutschen wesentlich reicher sind, als es offizielle Zahlen ausweisen.

Die Ökonomen Moritz Schularick von der Uni Bonn, Charlotte Bartels vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) und Thilo Albers von der Berliner Humboldt-Universität haben offizielle Vermögenszahlen mit weiteren Daten abgeglichen, die sie für realitätsnäher halten. Ihr Fazit: "Deutschland ist wesentlich reicher als die offiziellen Statistiken zeigen." 

Immobilien und Betriebsvermögen untererfasst

Verantwortlich für die Abweichungen sind den Forschenden zufolge vor allem zwei Vermögensklassen, die in den offiziellen Zahlen deutlich zu niedrig angesetzt sind: Immobilien (insbesondere in den Ballungszentren) sowie Betriebsvermögen nicht-börsennotierter Unternehmen. "Wenn man die Betriebsvermögen nach interna­tionalen Standards bemisst und zudem für die Immobilienpreise die aktuelleren Zahlen der Bundesbank verwendet, dann ist Deutschland gut 4000 Milliarden Euro reicher als gedacht", schreiben die Studienautoren in einem Gastbeitrag für die FAZ.

4000 Milliarden Euro, das sind vier Billionen. Der Immobilienbesitz der Deutschen ist laut Studie zehn Billionen Euro wert und damit zwei Billionen mehr als in der offiziellen Statistik. Und das Betriebsvermögen hat einen Wert von vier Billionen Euro – ebenfalls zwei Billionen mehr als gedacht. Da nicht-börsennotierte Unternehmen hierzulande eine besonders große Rolle spielten, dürften die Deutschen auch im internationalen Vergleich besser dastehen als es offizielle Statistiken ausweisen, argumentieren die Ökonomen. 120.000 Euro beträgt das Vermögen des deutschen Median-Haushaltes – das heißt, die Hälfte der Haushalte hat mehr, die andere Hälfte weniger. 

Zwei-Klassen-Gesellschaft

Wie aber entwickelt sich die Verteilung der Vermögen? Werden nur die Reichen reicher – und die Vermögenskluft immer größer? Auch dazu liefern die Wirtschaftswissenschaftler interessante Antworten. So sei zum einen die Mittelschicht in Deutschland in den vergangenen 25 Jahren keinesfalls von den Reichen abgehängt worden. Zwar erzielten die reichsten zehn Prozent zwischen 1993 und 2018 die größten Vermögenzuwächse – ihre Vermögen wurden mehr als verdoppelt. Aber auch der Rest der reicheren Bevölkerungshälfte konnte die Vermögen in dieser Zeit fast verdoppeln. Während die ganz Reichen vor allem vom Aktienboom profitierten, trieb der Immobilienboom auch die Vermögen der Mittelschicht in die Höhe.

An der ärmeren Hälfte der Bevölkerung allerdings – und das ist der zweite Befund – ist dieser Vermögenszuwachs komplett vorbeigegangen. Sie konnte ihre Vermögen in Summe kaum steigern, sodass sich ihr Anteil am Gesamtvermögen der Bevölkerung annährend halbierte. Die Autoren sehen daher weniger eine zunehmende Vermögenskonzentration an der Spitze, als eine wachsende Lücke zwischen ärmerer und reicherer Bevölkerungshälfte.

Dass diese Entwicklung kein Naturgesetz ist, zeigt der historische Blick der Vermögensstudie, der bis ins Deutschland von 1895 zurückreicht. So waren die Vermögen im Kaiserreich noch wesentlich ungleicher verteilt, in den 50er Jahren hingegen wesentlich gleicher als heute. Neben den Wirren der Weltkriege hätten vor allem politische Entscheidungen für große Umverteilungen gesorgt, berichten die Ökonomen. Die Autoren heben insbesondere das Gesetz zum "Lastenausgleich" nach dem zweiten Weltkrieg hervor. Der Lastenausgleich habe Deutschland zeitweise zu einem der Länder mit der stärksten Gleichheit weltweit gemacht, ehe sich die Vermögensschere wieder öffnete.

Quellen: Studie "Wealth and its Distribution in Germany, 1895-2018" / FAZ

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