Vermögen Sie werden durchschaut

Der "gläserne Sparer" wird Wirklichkeit: Wer Aktien oder Spareinlagen vor dem Fiskus versteckt hat, muss nun damit rechnen, dass ihm die Behörde auf die Spur kommt.

Bald wird ein Geheimnis für immer gelüftet: das Bankgeheimnis. Ab April 2005 bleibt Finanzbeamten kein Konto mehr verborgen - egal, ob Giro-, Spar- oder Depotkonto. Denn der Fiskus bekommt Zugriff auf die so genannten Stammdaten - also Name des Kontoinhabers, Anschrift und Geburtsdatum samt Datum der Kontoeröffnung. Den Datenschatz will sich Bundesfinanzminister Hans Eichel zur Steuerfestsetzung zunutze machen.

Und nicht nur das: Die Finanzbehörde darf sogar heimlich vorgehen, denn sie muss weder die Betroffenen noch das Geldinstitut über den Kontenzugriff informieren. Die amtlichen Recherchen hinterlassen keine elektronischen Spuren, denn seit 2003 müssen die Banken die Informationen permanent für Staatsanwaltschaft und Polizei bereithalten. Die Nutzung war bislang aber nur zur Abwehr von Terror und Geldwäsche erlaubt.

Lieber das Geld im Ausland anlegen?

Wer nicht zum "gläsernen Kunden" werden möchte, eröffnet Konto und Depot bei einer Bank im grenznahen Ausland. Dazu muss man seinen Wohnsitz nicht verlegen. Die Banken verlangen allerdings, dass die Kunden ihren Antrag persönlich vor Ort stellen. Das Geld sollte man nicht im Koffer mitbringen (Verdacht auf Schwarzgeld), es wird einfach überwiesen.
In der Schweiz verlangen die Kantonalbanken, die Bank Coop sowie der Finanzkonzern UBS keine Mindestanlagesumme. Auch in den Niederlanden kann man bei der ING Bank ein Konto ohne Einschränkung eröffnen, während bei der Raiffeisenbank Kleinwalsertal in Österreich 25.000 Euro Mindestanlage nötig sind. Die ordnungsgemäße Versteuerung der Erträge beim deutschen Fiskus liegt in der Verantwortung der Kunden.

Die Kontendaten stehen den Beamten künftig auch noch drei Jahre, nachdem ein Konto gekündigt wurde, zur Verfügung. Einzelne Kontobewegungen können Eichel und Co. zwar nicht einsehen. Brauchen sie auch nicht. "Bei Ungereimtheiten und unbekannten Konten kann der Finanzbeamte eine Aufklärung über Guthaben, Zinsen und Herkunft des Geldes verlangen", sagt Rechtsanwalt Rainer Spatscheck aus München. Verweigert man die Auskunft, kann der Beamte sofort ein Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung einleiten.

Aber nicht nur das Finanzamt soll Nutznießer des gläsernen Bankkunden sein. Auch die Sozial- und Arbeitsämter profitieren künftig von den heimlichen Aktionen - im Expertendeutsch "automatisierter Kontenzugriff" genannt. Für die Mitarbeiter dieser Behörden werden dann auf Anfrage Antragsteller und Leistungsempfänger ausgeforscht.

Jetzt - kurz vor der Anwendung des Gesetzes - kämpfen Experten wie der Hamburger Rechtswissenschaftler Erich Samson für den Erhalt des Datenschutzes: "Durch das heimliche Vorgehen wird das vom Grundgesetz verbriefte Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt." Sein Münchner Kollege Spatscheck warnt: "Immerhin geht es um geschützte Informationen. Da dürfen bisher ohne richterliche Überprüfung nicht einmal Steuerfahnder ran." Die Volksbank Raesfeld und Notar Peter Bohnenkamp aus Borken haben bereits Verfassungsbeschwerde eingelegt. Sie wollen das Gesetz noch per Eilantrag stoppen (Aktenzeichen 1BvR 2357/04).

Ulrike Wirtz

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