Die Debatte um den Klimawandel hat die Reisebranche ausgerechnet zur weltgrößten Urlaubsmesse, der ITB in Berlin, erwischt. Die Freizeit- und Sonnenbranche steht in der Klimasünderecke und soll plötzlich Urlaubsreisen nach Malente und nicht zu den Malediven anbieten.
Die Branchenriesen wie TUI und Thomas Cook bitten angesichts solcher Forderungen um eine sachliche Debatte und zeigen sich dem Thema Klimaschutz gegenüber aufgeschlossen. In die Vollen geht die Nummer vier der Branche, Alltours aus Duisburg. Alltours-Gründer und Geschäftsführender Gesellschafter Willi Verhuven nutzte den Start der Internationalen Tourismus-Börse in Berlin, um vor Journalisten zum Rundumschlag auszuholen: "Wir gehören auch zu den Umweltverschmutzern", stellte er unumwunden fest und forderte, dass seine Branche ihren Teil zum Klimaschutz beiträgt.
"Keine Flüge mehr unter 100 Euro"
Verhuven erhebt diese Forderung nicht zum ersten Mal. Schon vor zwei Jahren überraschte er die Touristiker-Welt mit heftiger Kritik am Billigfluggeschäft. Jetzt sprach sich der Eigentümer und Chef von Alltours für "Mindestpreise je Flugstunde" aus, Flüge unter 90 bis 100 Euro sollte es seiner Ansicht gar nicht mehr geben. Die Fluggesellschaften wären seiner Ansicht nach auch besser beraten, wenn sie unnötige Zwischenlandungen ausschalteten: "Düsseldorf-Teneriffa-Lanzarote und eine Stunde später der nächste Flieger, der dann Düsseldorf-Lanzarote-Teneriffa macht." Da fordert Verhuven eine bessere Abstimmung und insgesamt "mehr System".
Völlig absurd findet er zudem diverse Strecken im innerdeutschen Luftverkehr: "Ein Flug von Düsseldorf nach Frankfurt dauert 50 Minuten, mit der Bahn sind es 1 Stunde und 40 Minuten." Hinzu komme noch die Zeit zum Einchecken beim Flug. "Das sind Strecken, die besser vom Markt verschwinden sollten." Damit der Umstieg auf die Bahn funktioniere, seien allerdings sowohl die Bahn selbst als auch die Regierung gefordert. "Das Schienennetz muss so sein, dass es auch richtig genutzt werden kann", sagte Verhuven.
Doch nicht nur die Reisebranche, die Politik oder die Bahn hat der Alltours-Chef bei seiner Schelte im Visier, die Autobauer bekamen auch ihr Fett weg: "Was die Autoindustrie in Genf vorlegt, ist veraltet und teilweise auch peinlich", sagte Verhuven. Auf dem Genfer Autosalon, stellte die Pkw-Branche gerade ihre neuesten Modelle vor. Dort ist das Thema Umweltverträglichkeit ebenfalls ins Zentrum gerückt.
"Dummes Gerede von Arbeitsplatzvernichtung
Dass verschiedene Branchen oder Unternehmen im Zusammenhang mit der Klimaschutzdebatte vor dem Verlust von Jobs warnen, regt den Reiseveranstalter besonders auf: "Immer wieder dieses dumme Gerede von der Arbeitsplatzvernichtung. Höchstens kann man von Arbeitsplatzverlagerung reden." Seine Haltung und die Ursache seiner vehementen Kritik bringt Verhuven mit einem Satz auf den Punkt: "Die Erde braucht 'ne Lunge."