Die Einzelhändler äußerten sich vorwiegend positiv. Viele Kunden seien spontan vorbeigekommen, sagte der Filialleiter eines großen Bekleidungshauses in Berlin. Bei vielen habe sich die neue Regelung aber noch nicht herumgesprochen. Berlin hat als erstes Land die seit 50 Jahren geltenden strikten deutschen Beschränkungen durchbrochen. Die Geschäfte können nun montags bis samstags rund um die Uhr öffnen, Sonn- und Feiertage bleiben aber bis auf einige Ausnahmen geschützt.
Als nächstes Bundesland führt an diesem Dienstag Nordrhein- Westfalen eine gelockerte Regelung ein. Unter anderem will das größte Einkaufszentrum im Land, das Centro in Oberhausen, im Weihnachtsgeschäft an Werktagen bis 22.00 Uhr öffnen. Zum Start des Weihnachtsgeschäftes Anfang Dezember planen auch Rheinland-Palz, Hessen, Schleswig-Holstein, Brandenburg und Thüringen längere Öffnungszeiten. In Sachsen-Anhalt soll Geschäften ermöglicht werden, vom 30. November an montags bis freitags rund um die Uhr geöffnet zu haben. Strittig sind in vielen Bundesländern die Öffnungszeiten an Sonn- und Feiertagen. Die Zuständigkeit für den Ladenschluss ist mit der Föderalismusreform den Ländern zugefallen. Die evangelische Kirche, die Gewerkschaft ver.di und die Linkspartei kritisieren die Liberalisierung.
Nächtliche Warteschlangen
Im Berliner Kulturkaufhaus Dussmann an der Friedrichstraße, das erstmals die ganze Nacht geöffnet hatte, drängten sich die Neugierigen bis in die frühen Morgenstunden vor Bücher- und CD- Regalen. "Es war wie mitten im Weihnachtsgeschäft", sagte Sprecher Steffen Ritter. "Die Kunden haben zehn Minuten an der Kasse angestanden." Das Kulturkaufhaus ist aber noch eine große Ausnahme in der Berliner Geschäftswelt: Es will künftig stets von Freitag auf Samstag rund um die Uhr und an den übrigen Wochentagen bis Mitternacht öffnen.
Andere Einzelhändler schlossen nicht um 20.00 Uhr, sondern erst um 22.00 Uhr ihre Türen. Bei dem Haushaltsartikelgeschäft Butlers kamen spätabends zwar wenige Kunden, die aber viel einkauften, berichtete eine Filialleiterin. Vor allem Touristen hätten das geöffnete Geschäft zufällig entdeckt.
Deutsche wollen sparen
Die Aussichten auf ein gutes Adventsgeschäft bewegt viele Händler, länger zu öffnen. Doch die Deutschen wollen in diesem Jahr bei Weihnachtsgeschenken sparen. Gut jeder Vierte plant für Geschenke weniger Geld auszugeben als im vergangenen Jahr, ergab eine repräsentative Umfrage der Unternehmensberatung Ernst & Young. Im Schnitt wollen die Deutschen etwa 200 Euro für Geschenke ausgeben.
Der Einzelhandel gerät nach Experten-Ansicht auch im Weihnachtsgeschäft zunehmend in den "Geiz-ist-geil"-Strudel. Mit Rabattschlachten auch in der Vorweihnachtszeit mache sich der Handel das eigentlich größte Geschäft des Jahres kaputt, sagte der Konsumgüter-Experte bei der Unternehmensberatung Ernst & Young, Thomas Harms. "Der Wettbewerbsdruck ist enorm. Insbesondere im Textilbereich steht einigen das Wasser bis zum Hals."