Es ist nicht lange her, da sind Millionen Bürger an den Formularen für die neue Grundsteuer verzweifelt. Gerade erst hat sich der Ärger ein bisschen gelegt, da gibt es die nächste Aufregung. Obwohl die Reform der Grundsteuer, die rund 36 Millionen Immobilienbesitzer betrifft, erst 2025 greift, müssen schon jetzt viele mehr bezahlen.
Das zeigt eine Auswertung der Beratungsgesellschaft EY. Demnach ist die Grundsteuer 2022 bundesweit so stark gestiegen wie seit Jahren nicht. Zuletzt hatte es 2016 so viele Erhöhungen gegeben. Was das für Eigentümer bedeutet – und was das mit der eigentlichen Grundsteuerreform zu tun hat.
Wie stark ist die Grundsteuer gestiegen?
Jede achte deutsche Kommune hat laut der Analyse im vergangenen Jahr den sogenannten Hebesatz erhöht. Der Hebesatz ist der Faktor der Grundsteuer, den jede Kommune selbst festlegen kann. Steigt der Hebesatz in einer Kommune, muss jeder Immobilien- und Grundstücksbesitzer dort mehr Steuern zahlen. Im Schnitt sei der Hebesatz um fünf Prozentpunkte gestiegen, berichtet EY. Betrachtet man die vergangenen fünf Jahre ist der Hebesatz in 38 Prozent der Kommunen gestiegen – und nur in zwei Prozent gesunken.
Wer ist betroffen?
Am stärksten betroffen sind aktuell Immobilienbesitzer in Nordrhein-Westfalen. Dort hat 2022 jede vierte Gemeinde (26 Prozent) den Hebesatz für die Grundsteuer B, der die meisten Grundstücke betrifft, erhöht. Im Saarland war es jede fünfte Kommune, auch in Rheinland-Pfalz (17 Prozent) sowie Baden-Württemberg und Mecklenburg-Vorpommern (je 16 Prozent) gab es vergleichsweise viele Erhöhungen. Kaum Erhöhungen gab es 2022 in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt.
NRW ist auch das Flächen-Bundesland, in dem die durchschnittlichen Hebesätze auch absolut am höchsten sind, gefolgt von Kommunen in Hessen und im Saarland. In Schleswig-Holstein, Bayern und Baden-Württemberg sind sie im Schnitt am niedrigsten.
Warum ist die Grundsteuer gestiegen?
Die Grundsteuer ist eine der wichtigsten Einnahmequellen der Kommunen. 2021 nahmen die Gemeinden damit rund 15 Milliarden Euro ein. "Die schlechte Finanzsituation vieler Kommunen erfordert häufig eine Anhebung der Hebesätze, was zu einer Mehrbelastung der Bürger führt", sagt Heinrich Fleischer, Immobilienexperte und Studienverantwortlicher von EY. "Die Kommunen ächzen – so wie die Bürgerinnen und Bürger auch – unter Kostensteigerungen, die sie weitergeben müssen."
Was hat der Hebesatz mit der Grundsteuer-Reform zu tun?
Eigentlich nichts und doch viel. Die zu zahlende Grundsteuer errechnet sich aus der Formel "Grundsteuerwert x Steuermesszahl x Hebesatz". Bei der Reform der Grundsteuer geht es darum, dass für jedes Grundstück neue Grundsteuerwerte festgelegt werden, weil die alte Berechnung nicht mehr verfassungsgemäß war. Da zu erwarten ist, dass viele Grundsteuerwerte durch die Reform steigen, senkt der Bund zugleich die Steuermesszahl. Das Versprechen der Bundesregierung lautete nämlich, dass es durch die Reform im Schnitt nicht teurer werden solle (wenn auch möglicherweise für den einzelnen). Wenn aber nun die Kommunen ihrerseits die Hebesätze erhöhen, wird es für Eigentümer doch entsprechend teurer.
Wie teuer wird die neue Grundsteuer für Immobilienbesitzer ab 2025?
Das ist immer noch unklar. Denn auch 2023 und 2024 können Kommunen die Hebesätze erhöhen und damit die Gleichung verändern. EY-Experte Fleischer sieht bundesweit einen Trend zu höheren Grundsteuer-Hebesätzen. Und auch der Eigentümerverband Haus & Grund befürchtet, dass noch weitere Kommunen ihre Hebesätze erhöhen. "Theoretisch kann eine Kommune den Hebesatz jedes Jahr ändern", sagt ein Sprecher des Verbands.
Der dann aktuelle Hebesatz wird ab 1. Januar 2025 mit dem neuen Grundsteuerwert sowie der Steuermesszahl multipliziert, um die neue Grundsteuer zu bestimmen. Wenn vorher nicht wieder alles umgeworfen wird. Der Eigentümerverband Haus & Grund und der Steuerzahlerbund halten das neue Grundsteuer-Modell für verfassungswidrig und wollen es mit Hilfe von Musterklagen kippen. Bis zu einer juristischen Entscheidung kann es allerdings Jahre dauern. Wer die Neuberechnung seines Grundsteuerwertes für fehlerhaft hält, dem rät der Eigentümerverband Einspruch gegen den Bescheid einzulegen.
Quellen: EY-Analyse / Bundesfinanzministerium / Haus & Grund / Bund der Steuerzahler