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Vonovia und Deutsche Wohnen Was die Mega-Fusion am Wohnungsmarkt für Mieter bedeutet

Durch die Fusion würde Vonovia zum größten Vermieter Berlins werden
Durch die Fusion würde Vonovia zum größten Vermieter Berlins werden
© Getty Images
Der größte deutsche Wohnungskonzern will den zweitgrößten schlucken. Was bedeutet die geplante Mega-Fusion von Vonovia und Deutsche Wohnen für Hunderttausende Mieter und den Wohnungsmarkt insgesamt?

Diese Nachricht lässt Mieter-Deutschland aufschrecken: Die beiden größten Wohnungskonzerne des Landes – Vonovia und Deutsche Wohnen – wollen sich zusammenschließen. Am Montagabend machten die beiden börsennotierten Unternehmen entsprechende Fusionspläne öffentlich. Es wäre der größte Deal, den der deutsche Wohnungsmarkt bisher gesehen hat.

Vonovia ist mit mehr als 400.000 Wohnungen bereits jetzt der mit Abstand größte private Vermieter. Durch die Übernahme der Deutsche Wohnen, dem größten Vermieter Berlins, würde ein Gigant mit mehr als 550.000 Wohnungen entstehen. Noch ist der Deal nicht perfekt. Zunächst muss Vonovia den Aktionären der Deutsche Wohnen ihre Anteile abkaufen, wofür insgesamt 18 Milliarden Euro vorgesehen sind. Doch die Chancen stehen gut. Denn im Gegensatz zu einer in der Vergangenheit gescheiterten Übernahme spricht sich diesmal auch die Führung der Deutsche Wohnen für die Fusion aus. 

Was wird aus den Mietern?

Die geplante Hochzeit dürfte von vielen argwöhnisch beäugt werden, denn beide Dax-Konzerne blicken auf eine Vergangenheit von Mieterbeschwerden über schlechte Instandhaltung der Wohnungen und überhöhte Nebenkosten zurück. Vonovia hatte sich zuletzt um ein besseres Image bemüht und – im Gegensatz zur Deutschen Wohnen – nach dem Berliner Mietendeckel-Urteil auf Rückzahlungen der Mieter verzichtet.

Auch nach der Fusion möchte Vonovia in der Hauptstadt nicht als Bösewicht da stehen. Um die Berliner gewogen zu stimmen, kündigte der Konzern an, in den kommenden drei Jahren höchstens je ein Prozent Mieterhöhungen zu verlangen und in den beiden darauf folgenden Jahren maximal den Inflationsausgleich. Zudem möchte der neue Mega-Konzern 20.000 Wohnungen aus dem Bestand an das Land Berlin verkaufen und im Neubau aktiv sein. "Gesellschaftliche Verantwortung und wirtschaftliche Stabilität bilden ohne Abstriche die Grundlage unserer Arbeit, denn Wohnen ist für die Menschen ein Grundbedürfnis", verspricht Vonovia-Chef Rolf Buch in der Fusionsankündigung. 

Mieterbund ist zurückhaltend

Der Deutsche Mieterbund sieht die Elefantenhochzeit naturgemäß etwas nüchterner. "Wir sprechen hier nicht von Sozialunternehmen, sondern von Konzernen, die ihren Investoren verpflichtet sind", sagt Mieterbund-Präsident Lukas Siebenkotten dem stern. Die angekündigte Begrenzung von Mieterhöhungen in Berlin begrüßt Siebenkotten, betont aber auch, dass das den vielen Vonovia-Mietern in Nordrhein-Westfalen oder anderswo natürlich gar nichts nutzt. "Die geplante Fusion ändert nichts daran, dass wir dringend einen Mietenstopp im Bestand brauchen, und zwar nicht nur in Berlin, sondern bundesweit", sagt der Mieterbundchef. Zudem blende Vonovia seine soziale Verantwortung bei Neu- beziehungsweise Wiedervermietung bei seinen Versprechen komplett aus.

Was die Fusion langfristig für die betroffenen Mieter bedeute, sei noch nicht abzusehen, sagt Siebenkotten. Der Deutschen Wohnen, so sie denn verschwinden würde, weint er zwar keine Träne nach. In das Selbstloblied von Vonovia, das sich als Vorreiter "für bezahlbares Wohnen, Klimaschutz und Neubau" geriert, möchte er aber lieber nicht vorschnell einstimmen. "Da sind noch viele Dinge ungeklärt und im Zweifel gehe ich erstmal davon aus, dass für den Mieter der schlechtere Fall eintritt." Klar ist, dass bestehende Mietverträge weiterhin Gültigkeit haben. 

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Ist die Größe ein Problem?

Als Hauptgrund für den Zusammenschluss nennt Vonovia Kosteneinsparungen. 105 Millionen Euro pro Jahr will das Unternehmen durch die gemeinsame Verwaltung und Bewirtschaftung sparen. Größe zahlt sich hier aus - könnte aber auch die Wettbewerbshüter auf den Plan rufen.

Die Chancen, das auch das Kartellamt dem Wohnungsgiganten grünes Licht für die Fusion gibt, bewerten Experten unterschiedlich. Bundesweit wäre die Marktmacht begrenzt, sagt etwa Claus Michelsen, Immobilienökonom des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin. Auch nach der Fusion hätte Vonovia mit etwa 2,4 Prozent nur einen relativ geringen Anteil am Mietmarkt in Deutschland. Rund 60 Prozent der Mietwohnungen seien nach wie vor in der Hand privater Kleinvermieter.

Regional aber könnte der Einfluss steigen: In Berlin käme Vonovia immerhin auf rund zehn Prozent Marktanteil und könnte dadurch deutlich stärker bei der Stadtplanung mitsprechen, sagt Michelsen. Obwohl die unmittelbaren Folgen der Fusion für die Mieter gering seien, könnten sich so die Diskussionen über die demokratische Legitimation der Stadtentwicklung verstärken, sagt Michelsen. "Die Fusionspläne dürften die ohnehin aufgeheizte Debatte um die Enteignung dieser Konzerne befeuern."

Oder hat die Enteigungsdebatte umgekehrt die Fusion überhaupt erst heraufbeschworen? Michael Voigtländer vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln sieht den Zusammenschluss als Antwort der Wohnungsunternehmen auf Mietendeckel, Preisbremsen und andere Regulierungen. Große Unternehmen könnten auf solche politischen Herausforderungen besser reagieren als kleine. "Insofern könnte die geplante Fusion eher wie die Spitze des Eisbergs sein", sagt Voigtländer. Der IW-Ökonom prognostiziert: "Noch mehr Unternehmen werden sich zusammenschließen, um robuster gegenüber Mietpreisregulierungen und anderen Eingriffen zu werden. Gerade auch Kleinvermieter werden so zunehmend aus dem Markt gedrängt, da sie in der Regel die größten Probleme haben, sich auf Änderungen im Regulierungsrahmen einzustellen."

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