30 Sekunden bis eine Minute. So kurz war der erste Schnellcheck, dem Sandra Schumacher die Bewerbungen unterzog, die auf ihrem Schreibtisch landeten. Früher fällte sie selber Personalentscheidungen. Doch 2012 hat sie die Seiten gewechselt und berät als Bewerbungscoach und Karriereberaterin in Hamburg Arbeitnehmer beim Jobwechsel oder der beruflichen Neuorientierung.
Wer sich bewirbt, dem bleibt also unter Umständen nur sehr wenig Zeit, um einen Eindruck zu hinterlassen. Und wenn der dann auch noch positiv sein soll, wird es noch schwieriger. "Früher war das Anschreiben der Türöffner einer Bewerbung", sagt Schumacher. Doch das habe sich geändert. Auf normale Stellen bekämen Firmen etwa 250 Bewerbungen. Bei tollen Stellen könnten es auch mal 800 Bewerbungen sein. "Wer will denn mehrere hundert Anschreiben lesen, die mit 'hiermit bewerbe ich mich' oder 'mit großem Interesse habe ich Ihre Ausschreibung gelesen' beginnen?", fragt Schumacher.
Lebenslauf ein Kurzprofil voranstellen
Inzwischen ist jedoch nach ihrer Einschätzung der Lebenslauf zum Dreh- und Angelpunkt einer Bewerbung geworden. Dem Lebenslauf kann man ein Kurzprofil voranstellen, "etwa 'Buchhalterin mit sieben Jahren Berufserfahrung in der Finanzbuchhaltung'", sagt Schumacher. Diese Informationen tauchen zwar ein wenig weiter unten wieder auf, aber man sollte es den Chefs es so leicht wie möglich machen und sie einmal kompakt zusammenfassen. "Da gehören einige Alleinstellungsmerkmale des Bewerbers rein", sagt Schumacher. So macht man dem Personalchef deutlich, wen er da vor sich hat.
Der Lebenslauf selbst sollte chronologisch aufgebaut sein, angefangen mit der letzten Berufserfahrung. Dazu gehört auch, dass man zu jeder beruflichen Station jeweils die wichtigsten Tätigkeiten nennt. "Wer diese Punkte in seinen Lebenslauf klug und strukturiert im Hinblick auf die zukünftigen Stellenanforderungen aufbaut, darf eher mit einem Anruf der Firma rechnen als jemand, der immer stumpf den gleichen Lebenslauf verschickt", sagt Schumacher. Mit seinem Lebenslauf werbe man um die Firma und die Stelle. "Das ist ein wenig wie beim Dating - erzählen Sie was von sich, machen Sie sich interessant."
Eine dritte Seite mit Selbstdarstellung
Seit einigen Jahren können Bewerber auch ihrem Lebenslauf eine dritte Seite hinzufügen: Hier schreiben sie über so genannte soft skills und stellen dar, worin sie gut sind. "Das ist meist schwer zu Papier zu bringen", sagt Schumacher. "Deutsche sind es nicht so gewohnt, sich toll darzustellen." Vielleicht hat sich diese dritte Seite auch deshalb noch nicht bei Unternehmen und Job-Kandidaten durchgesetzt.
Auch mit dem Anschreiben wirbt man um den Job - und sollte einige Grundregeln beachten: "Leider übersehen viele die groben formalen Fehler wie unterschiedliche Schriftarten und -größen in Anschreiben und Lebenslauf, und solche Fehler sind häufig schon ein Killerkriterium für eine Bewerbung - der potentielle Arbeitgeber zieht Rückschlüsse auf die Qualität der Arbeit des Bewerbers", sagt sagt Schumacher. "Das gleiche gilt natürlich für Rechtschreibfehler."
Ein weiteres Killerkriterium, das sich immer wieder in Anschreiben findet, ist ein Absatz mit dem Bewerbungs-Echo: "Dort schreiben sich die Bewerber dann genau die Eigenschaften zu, die in der Stellenausschreibung gewünscht werden: Teamfähigkeit, kommunikative Kompetenz und Kreativität zum Beispiel. So ein Anschreiben braucht kein Mensch!", sagt Schumacher. Stattdessen soll ein Anschreiben klar machen, warum die Stelle für den Bewerber interessant ist und warum der Bewerber für das Unternehmen interessant ist. "Ein Job-Kandidat muss ins Herz des Abteilungsleiters wollen", sagt Schumacher.
Der richtige Umgang mit Lücken im Lebenslauf
Dazu gehört ein Anschreiben, das individuell auf die ausgeschriebene oder angestrebte Stelle zugeschnitten ist. "Personaler merken, wenn eine Bewerbung genau so an 13 andere Firmen gegangen ist," sagt Schumacher. Das Ergebnis ist frustrierend - für beide Seiten. Das Unternehmen bekommt eine wenig aussagekräftige Bewerbung mehr, der Bewerber bekommt eine Absage mehr. Stattdessen sollte eine Bewerbung erlebbar machen, was der Job-Kandidat besonders gut kann oder warum er zum Unternehmen passt. Das kann zum Beispiel bedeuten, dass man in der Bewerbung bei einem Sportartikelhersteller seine Sportleidenschaft zum Ausdruck bringt. Doch es gibt enge Grenzen für solche privaten Informationen. Wie das liebste Haustier heißt, hat in einer Bewerbung nichts zu suchen. Und wer sich nicht gerade beim Hersteller eines Energy-Drinks bewirbt, sollte seinen Extremsport besser unerwähnt lassen.
Wer eine Lücke im Lebenslauf hat, sollte damit offensiv umgehen. "Man kann so eine Lücke nicht totschweigen", sagt Schumacher, "spätestens im Bewerbungsgespräch kommt die Frage ja eh." Studenten können die Zeit nach dem Examen als Orientierungsphase deklarieren. Arbeitnehmer in Medienberufen können zum Beispiel angeben, sie hätten sich mit Projekten oder einer Agenturgründung befasst. Und alle anderen können sich schlicht persönlich weitergebildet haben. Doch egal, was man angibt: Man sollte auch auf Nachfragen reagieren und ein wenig ins Detail gehen können, sollte das Gespräch auf diese Zeit kommen.
Also: Wer ein wenig Liebe zum Detail in seine Bewerbung legt und gut darstellen kann, der ideale Bewerber für die Stelle zu sein, bekommt auch mehr aus eine Minute Aufmerksamkeit für seine Bewerbung - und bestimmt auch bald den neuen Job.