Kollegen sind die Hölle. Die Serienfigur Bernd Stromberg fasst die alltägliche Büroatmosphäre so zusammen: "An jedem Schreibtisch sitzt ein Bonsai-Judas. Da kann man von einer Horde Piranhas mehr Mitgefühl erwarten als von einer Horde Kollegen. Wenn du hier einen Fehler machst, steht jeder sofort parat mit einer Pfanne, in die er dich reinhauen kann." Ein Glück, dass die lieben Kollegen nicht auch noch über die berufliche Zukunft ihrer Tischnachbarn entscheiden.
Mitarbeiter entscheiden, wer fliegt
Genau das aber plant der US-Fernsehsender Fox, der aus hitzigen Personaldebatten nun eine kunterbunte Entlassungsshow machen möchte. "Someone's Gotta Go" heißt das neue TV-Format, das der US-Sender gerade gemeinsam mit der niederländischen Firma Endemol produzieren lässt. Die nicht gerade geschmackvolle Idee: Ein mittelständischer Betrieb in Finanznöten legt seinen Mitarbeitern alle Zahlen und Löhne offen - und dann wird gemeinsam entschieden, wer fliegt.
Die Frage nach betriebsbedingten Kündigungen wird also basisdemokratisch an die Mitarbeiter übertragen: Soll es der Büroclown sein? Die Zicke am Empfang? Oder doch lieber der faule Praktikant? Entscheidend sind plötzlich nicht mehr Qualifikation, Erfahrung oder Engagement am Arbeitsplatz, sondern das Wohlwollen der Kollegen. In offenen Konfrontationen soll vor den TV-Kameras dargelegt werden, was jeder einzelne Mitarbeiter bisher für das Unternehmen geleistet hat und was für einen Verbleib in der Firma spricht. Eine Art "Big Brother" trifft Büro-Sitcom.
Jobkrise als knalliges TV-Event
Die Idee des eigenwilligen Feuerformats ist die Antiversion der amerikanischen TV-Sendung "The Apprentice". Dort kämpfen verschiedene Kandidaten um einen Traumjob beim Immobilienmagnaten Donald Trump. In "Someone's Gotta Go" geht es darum, den eigenen Arbeitsplatz überhaupt zu behalten. Keine Gewinner also, dafür in jeder Folge ein Verlierer. Dabei war die ursprüngliche Idee der Sendung eigentlich eine andere: Finanzexperten und Unternehmensberater sollten zu einer in Schwierigkeiten geratenen Firma kommen und helfen, das Unternehmen zu retten. Als Fox-Programmmanager Mike Darnell jedoch einen TV-Beitrag über einen entscheidungsschwachen Chef sah, kippte er den freundlichen und konstruktiven Ansatz der Sendung und verkauft die Jobkrise nun als knalliges TV-Event.
In einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur AP sagte Darnell, Endemol habe "überhaupt kein Problem", teilnehmende Firmen zu finden. Um sich rechtlich abzusichern, müssten die Mitarbeiter zuvor eine Erklärung unterschreiben, im Falle einer Kündigung nicht gegen den ehemaligen Arbeitgeber zu klagen. Der Sender Fox versprach dafür, jedem Entlassenen eine "kleine Abfindung" zu zahlen.
Wie üblich bei solch wohlkalkulierten Tabubrüchen melden sich in den USA und in den Niederlanden schon die ersten Gewerkschaften, um das Showkonzept zu kritisieren. Das allerdings kümmert Darnell kaum: "Die Show ist ganz bestimmt nicht schlimmer, als jeden Abend die Nachrichten mit all den Statistiken zu sehen", sagte er AP. Außerdem sei es für viele Angestellte verlockend, Einfluss auf Firmenentscheidungen nehmen zu können: "Bei willkürlichen Kündigungen fragt man sich doch: Wie kann es sein, dass diese Person entlassen wird und ein anderer Idiot bleiben darf?"