Tarifstreit Verdi-Chef droht mit harter Auseinandersetzung

Am Freitagmorgen gingen die Warnstreiks im öffentlichen Dienst bundesweit in die zweite Runde. Rheinland-Pfalz war erstmals von Aktionen betroffen. In Worms schwor Verdi-Chef Bsirske die Arbeitnehmer bei einer Kundgebung auf einen längeren Arbeitskampf ein.

Mit neuen Warnstreiks haben tausende Beschäftigte des öffentlichen Dienstes am Freitag ihren Arbeitskampf fortgesetzt. Verdi-Chef Frank Bsirske drohte den Arbeitgebern von Bund und Kommunen mit einer harten Auseinandersetzung, falls sie kein besseres Angebot vorlegten. Bundesweit gingen nach Angaben der Gewerkschaften mehr als 6.650 Mitarbeiter kommunaler Krankenhäuser, Stadtverwaltungen, Müllabfuhren und anderer städtischer Betriebe in den Ausstand. In vielen Kliniken mussten Operationen verschoben werden.

Bsirske sieht langen Arbeitskampf kommen

"Entweder die Arbeitgeber finden Anschluss an die Realität, oder sie bekommen es mit uns zu tun", sagte Bsirske auf einer Kundgebung in Worms. Die erste Warnstreikwelle in den Krankenhäusern sei nur der Anfang gewesen. Die Gewerkschaft und ihre Mitglieder müssten sich auf einen "großen Arbeitskampf im öffentlichen Dienst" einstellen. Ohne ein verbessertes Angebot bei der nächsten Verhandlungsrunde am 25. Februar werde es weitere Warnstreiks geben, danach steuere der Tarifkonflikt zunächst in die Schlichtung.

Allein in Bayern legten Verdi zufolge mehr als 3.200 Mitarbeiter aus 20 Kliniken ihre Arbeit nieder, darunter 400 Mitglieder der dbb tarifunion und der Gewerkschaft LBB. In Baden-Württemberg traten mehr als 2.000 und in Rheinland-Pfalz rund 1.200 Beschäftigte kommunaler Krankenhäuser, Stadtverwaltungen und städtischer Betriebe in den Ausstand. In Schleswig-Holstein versammelten sich etwa 250 Streikende. In vielen Kliniken mussten wegen des Personalausfalls Operationen verschoben werden, auch die Arbeit in den Stadtverwaltungen wurde nach Angaben eines Verdi-Sprechers erheblich beeinträchtigt.

Krankenhäuser fordern Ende der Budgetdeckelung

Der Interessenverband kommunaler Krankenhäuser rief die Bundesregierung angesichts der Gewerkschaftsforderungen auf, die gesetzliche Deckelung der Klinikbudgets zu beenden. Gerechte Mitarbeitervergütungen und Kostenzwänge seien anders nicht zu vereinbaren, sagte der Verbandsvorsitzende Hansjörg Hermes der "Neuen Osnabrücker Zeitung".

Er äußerte zwar Verständnis für das Anliegen der Beschäftigten. "Unrealistische Lohnforderungen führen aber in zwei Richtungen: Entweder erhöhen sie die Defizite in der Bilanz, oder sie führen zu weiteren Leistungskürzungen und Personalabbau im Klinikalltag", betonte der Verbandvorsitzende. Zudem erhöhe sich durch überzogene Ansprüche die Neigung mancher Kämmerer, das "Risiko Krankenhaus" durch Privatisierung und Verkauf abzugeben.

Verdi zufolge sind seit 1996 rund 48.000 Stellen in den Kliniken abgebaut worden. Zugleich sei die Zahl der Patienten um eine Million gestiegen, die Arbeitsbelastung jeder Pflegekraft habe sich um 25 bis 26 Prozent erhöht.

Viele suchen Zweitjob als Geldquelle

Verdi-Chef Bsirske wies das Angebot der Arbeitgeber erneut als Provokation zurück. Die letzte Steuerschätzung habe signalisiert, dass Bund und Kommunen in den nächsten Jahren mit Mehreinnahmen in Milliardenhöhe rechnen könnten: "Wann soll denn überhaupt Spielraum sein für eine vernünftige Lohnerhöhung, wenn nicht jetzt?" Die Nettoverdienste vieler Beschäftigter reichten nur noch mit Mühe, um über die Runden zu kommen, kritisierte Bsirske. "Viele kommen ohne Zweitjob nicht mehr aus."

Für kommende Woche kündigte die Gewerkschaft weitere Warnstreiks an. Damit will Verdi den Bund und die Kommunen zwingen, ihr Angebot für die 1,3 Millionen Angestellten zu verbessern. Gemeinsam mit der im Beamtenbund organisierten dbb-Tarifunion verlangt Verdi linear acht Prozent oder wenigstens 200 Euro mehr pro Monat. Die Arbeitgeber haben Lohnerhöhungen von fünf Prozent gestaffelt über zwei Jahre angeboten, verbunden mit einer Arbeitszeitverlängerung auf 40 Stunden.

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AP/ThoG

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