Zeitarbeit Gleiches Geld für gleiche Arbeit

Von gleichem Lohn für gleiche Arbeit können knapp 800.000 Leiharbeiter in Deutschland nur träumen. Damit der Traum wahr wird, hat das Zeitarbeitsunternehmen Manpower hat die "Equal Treatment GmbH" gegründet. Manpower-Chef Thomas Reitz erklärt das Geschäftsmodell im stern.de-Interview.

Herr Reitz, machen Sie nun ernst mit der Gewerkschafts-Forderung: "Gleiches Geld für gleiche Arbeit?"

Wir werden unsere 30.000 Beschäftigten nicht ab morgen auf das neue Vertragsmodell umstellen. Aber wir haben in den vergangenen Monaten Gespräche mit diversen Kunden geführt, die sich für ein Prämium-Entlohnungsmodell interessieren. Die wollen, dass ihre Zeitarbeiter besser bezahlt werden, als es unser Tarifvertrag bisher vorsieht. Automobilhersteller wie BMW und Audi oder der Flugzeugbauer Airbus praktizieren bereits den Grundsatz "Equal Pay", also gleiches Geld für gleiche Arbeit.

Zur Person

Thomas Reitz ist Diplom-Ingenieur im Bereich Maschinenbau. Seit 2000 ist er als Geschäftsführer für Manpower Deutschland verantwortlich.

Aber "Equal Treatment geht darüber hinaus.

Im Gesetz zur Arbeitnehmerüberlassung steht, dass es bei den "wesentlichen" Arbeitsbedingungen eine Gleichbehandlung geben soll, es sei denn, ein Tarifvertrag regelt das anders. Zu den wesentlichen Arbeitsbedingungen gehören die Entlohnung, die Zahl der Urlaubstage, das Urlaubsgeld, Gratifikationen wie ein 13. Monatsgehalt. Bei anderen Arbeitsbedingungen, zum Beispiel langfristige Pensionszulagen oder das subventionierte Mittagessen in der Kantine, muss man mit dem Arbeitgeber diskutieren: Sind das nun wesentliche Dinge, ja oder nein.

Auf jeden Fall regt es die Menschen unheimlich auf, wenn sie diese Dinge nicht bekommen. Sie sagen, ich mache als Leiharbeiter die gleiche Arbeit, verdiene weniger und muss auch noch mehr für's Essen in der Kantine zahlen als die Stammbelegschaft. Das empfinden sie als ungerecht.

Ich lehne diesen Begriff der Ungerechtigkeit ab. Es ist völlig normal, dass heute jemand, der in einem Betrieb neu beginnt, weniger verdient und weniger Urlaubstage hat, als jemand der seit 20 Jahren dort arbeitet. Das gilt für Flugbegleiter bei der Lufthansa genauso wie für Arbeiter bei Opel - in allen Unternehmen gibt es riesige Unterschiede, je nachdem, wie lange man zum Betrieb gehört. Und Zeitarbeiter sind oft nur drei Monate in einem Unternehmen. Die Ungerechtigkeit wird dann zu Recht angeprangert, wenn ein Arbeitsplatz dauerhaft durch einen Zeitarbeiter besetzt wird, und er dann schlechter gestellt wird als jemand, der parallel auch neu in dem Betrieb anfängt.

Unternehmen wollen durch Zeitarbeit Geld sparen. Das klappt aber nicht mehr, wenn der Zeitarbeiter von Manpower genauso teuer wird wie ein fest Angestellter.

Wenn ein Unternehmen Zeitarbeit schwerpunktmäßig nutzt, um Kosten zu sparen, dann ist "Equal Treatment" nicht attraktiv für ihn. Aber gerade mittelständische Betriebe haben ganz andere Motive, um Zeitarbeit zu nutzen. Nehmen Sie einen Maschinenbauer mit 100 Mitarbeitern. Da macht der Geschäftsführer die Personalarbeit nebenbei. Der hat gar keine Zeit, die geeigneten Talente für die Zukunft zu suchen. Das machen wir für ihn als Dienstleister. Die Betriebe versprechen sich von "Equal Treatment", dass Manpower die attraktiveren Kandidaten findet. Denn gute Arbeitskräfte werden knapp.

Wer kann sich bei der "Equal Treatment GmbH" bewerben?

Im Prinzip jeder, wobei ich einschränkend sagen muss, dass wir erst seit dieser Woche am Start sind und dass wir zunächst Kunden für dieses Modell gewinnen müssen. Ich kann noch nicht flächendeckend Jobs in der "Equal Treatment GmbH" anbieten.

Das klingt, als hätte sie diese Tochterfirma aus Imagegründen aufgebaut, nach dem Motto: Seht mal, wir tun etwas für Euch. Aber gleichbezahlte Jobs haben wir leider noch nicht.

Wie gesagt: Das Interesse unserer Kunden an "Equal Treatment" ist groß.

Werden vor allem Fachkräfte und Ingenieure eine Chance haben?

Ich würde niemanden generell ausschließen. Aber wahrscheinlich greift dieses Modell eher für Menschen mit einer gefragten Ausbildung als für gering Qualfizierte.

Was schätzen Sie: Wie viele Zeitarbeiter wird es 2010 in Deutschland geben?

In zwei Jahren werden wir locker die Millionengrenze überschritten haben. Das Wachstum in unserer Branche ist zwar wesentlich verhaltener als in den letzten beiden Jahren. Aber zehn Prozent legen wir immer noch zu.

Und wie viele Zeitarbeiter werden in der Lage sein, gleiches Geld für gleiche Arbeit durchzusetzen?

Das hängt sehr stark von der Nachfrage der Unternehmen ab. Bei Manpower werden wir Ende des Jahres einige Hundert dieser Arbeitsplätze bieten können. Dann wird sich zeigen, wie der Markt darauf reagiert.

Interview: Doris Schneyink

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