Der Vorstandsvorsitzende des angeschlagenen Warenhauskonzerns KarstadtQuelle, Christoph Achenbach, rechnet mit einer raschen Einigung bei den für die Zukunft des Konzerns entscheidenden Gesprächen mit den Arbeitnehmern. Nach einer erfolgreichen Sanierung könnten nach Einschätzung des Vorstandschefs der BayernLB, Werner Schmidt, ausländische Investoren bei dem Traditionskonzern einsteigen.
Beide Seiten um Einigkeit bemüht
Ein Vertreter Verdis in Bayern deutete am Dienstag bereits an, dass für die Sicherung von Arbeitsplätzen und Standorten Teile von Tarifansprüchen gestundet werden könnten. Ein Konzernsprecher sagte dazu, der Konzern begrüße alle Schritte, die zu einer Einigung führen könnten. "Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir uns einigen werden", sagte Achenbach dem Bayerischen Rundfunk. "Wir sind in der Sache sehr hart, aber es ist bei beiden Seiten ein deutliches Bemühen um Einigung zu verspüren."
Achenbach unterstrich, wenn es keine Einigung gebe, stünden sowohl die angestrebte Kapitalerhöhung als auch die Kreditvergabe der Banken auf dem Spiel. Achenbach wiederholte, zur Sanierung des Konzerns seien Einsparungen im dreistelligen Millionenbereich notwendig. Der Konzernchef hatte bereits angekündigt, KarstadtQuelle werde nicht um betriebsbedingte Kündigungen herumkommen. Die Gewerkschaft Verdi setzt dagegen auf die Sicherung von Arbeitsplätzen und Standorten. Entgegenkommen hatte die Gewerkschaft bislang nur bei übertariflichen Leistungen signalisiert. BayernLB-Chef Schmidt sagte indes, dies könne als Beitrag der Mitarbeiter ausreichen. "Das ist das Minimum, was die Mitarbeiter beitragen müssen", sagte der Münchener Landesbank-Chef. Sein Institut ist größter Kreditgeber des Essener Konzerns.
Stundung von Tarifansprüchen möglich
Der bei Verdi für die Konzernbetreuung in Bayern zuständige Verdi-Vertreter Johann Rösch erklärte, Verdi werde alle Möglichkeiten nutzen, um zu einem Ergebnis zu kommen. Dazu müsse sich die Arbeitgeberseite aber bewegen. Zugleich deutete er eine neue Kompromisslinie an: "Für die Sicherheit von Arbeitsplätzen, Standorten und Tarifgehalt, sehen wir die Möglichkeit, dass Teile von Tarifansprüchen gestundet werden." Arbeitnehmer-Verhandlungsführerin Franziska Wiethold wollte sich nicht zu Details ihrer Verhandlungsführung äußern.
In Kreisen der Verhandlungsteilnehmer war indes zu hören, eine Stundung von Tarifansprüchen sei noch nicht Gegenstand der Gespräche gewesen. Diese verliefen bislang "konstruktiv, aber schwierig". Seit Ende vergangener Woche verhandeln das Managegement und Arbeitnehmervertreter von KarstadtQuelle nahezu pausenlos über den Beitrag der Beschäftigten zum Sanierungsprogramm des Konzerns.
190 Millionen Euro sollen eingespart werden
Die Unternehmensführung verlangt von den rund 100.000 Beschäftigten nach Angaben des Gesamtbetriebsrates Einschnitte, die sich auf rund 190 Millionen Euro belaufen sollen. Bis Donnerstag will der Konzern jeden Nachmittag über den Stand der entscheidenden Phase der Verhandlungen informieren. Am Donnerstag tritt dann der Aufsichtsrat zu einer entscheidenden außerordentlichen Sitzung zusammen.
Die Zeit drängt, weil KarstadtQuelle zur Finanzierung seines Sanierungsprogramms eine Kapitalerhöhung über 500 Millionen Euro plant und dazu rechtzeitig die Zustimmung der Hauptversammlung benötigt. Die Banken haben nach Angaben aus Finanzkreisen zwar die kurzfristige Kreditlinie für das Unternehmen erhöht und zugleich deutlich längere Fristen eingeräumt. Allerdings beharren auch sie auf einen Sanierungsbeitrag der Arbeitnehmer. Ein KarstadtQuelle-Sprecher hatte von einer "Woche der Entscheidung" für den Konzern gesprochen.
Quelle-Erbin muss nachlegen
BayernLB-Chef Schmidt sagte mit Blick auf die Zukunft von KarstadtQuelle: "Das gibt die einzigartige Gelegenheit für weltweit tätige Unternehmen, in Deutschland einzusteigen." Voraussetzung für einen solchen Schritt sei aber, dass die derzeitigen Großaktionäre - allein voran die Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz - das nötige Kapital nachschössen. Zu möglichen Investoren und zur Höhe des Kreditengagements der BayernLB beim Einzelhandelskonzern wollte sich Schmidt nicht äußern. Das Risiko sei keine Frage der Höhe des Kredits, sondern der Besicherung, sagte er nur. Nach Reuters-Informationen ist die BayernLB mit 275 Millionen Euro größter Karstadt-Gläubiger. (Reuters)