In Deutschland fahren Bauern und Landwirte Sturm. Die Bundesregierung wollte die Befreiung von der KfZ-Steuer für Landschaftsfahrzeuge streichen, hat das Vorhaben aber wieder abgeblasen. Auch die Subventionen für Agrardiesel sollen nun erst schrittweise zurückgefahren werden. Ein Erfolg für die protestierenden Landwirte. Doch die sind nach wie vor deutschlandweit entsetzt – und verärgert. Einige gingen in ihrer Wut den Wirtschaftsminister an, der mit einer Fähre Richtung Hallig Hooge floh.
Eckhard Clausen, Landwirt aus dem Kreis Rendsburg-Eckernförde, kann über die Aktion nur den Kopf schütteln. Allerdings versteht er auch die Wut seiner Kollegen. Er selbst ist enttäuscht – von Habeck, Özdemir und der gesamten Bundesregierung. Im stern-Gespräch erklärt er, was die Sparmaßnahmen der Bundesregierung für ihn bedeuten würden.
Herr Clausen, an wie vielen Protesten und Blockadeaktionen haben Sie schon mit Ihren Landwirtschaftskollegen teilgenommen?
Das geht ja gut los. Wir blockieren nicht, sondern stehen für unsere Sache ein. Wir haben uns hin und wieder an die Straße gestellt, um auf uns und unsere Anliegen aufmerksam zu machen. Wir sehen die Rückvergütung nicht als Subvention, sondern als Teilentlastung, weil wir die öffentlichen Straßen nicht so nutzen, wie es alle anderen tun.
Sie klingen sehr verärgert. Ist das auch die Grundstimmung bei den Protesten?
Ich persönlich bin extrem enttäuscht. Andere Berufskollegen sind wütend. Den Unmut kann ich verstehen. Wir haben das Gefühl, dass die Regierung unseren Beruf nicht mehr wertschätzt. Dass die Rückvergütung gestrichen wurde und die angekündigte KfZ-Steuererhebung hat das Fass zum Überlaufen gebracht. Dabei haben wir schon früher immer wieder signalisiert, dass wir zu Kompromissen bereit sind. Ich bin Demokrat und deshalb mache ich mit auf unsere Probleme aufmerksam.
Auf erneuerbare Energien umstellen kann ich nicht, weil der Markt das noch nicht hergibt.
Was sagen Sie als demokratischer Landwirt zu dem Vorfall in Schlüttsiel?
Ich war nicht vor Ort und hätte das auch nicht mitgemacht. Leider gibt es gesellschaftliche Gruppen, die radikal sind und von denen ich mich auch distanziere. Ich selbst war nicht vor Ort und kann die Lage deshalb auch nicht so gut beurteilen. Aber dass Leute aggressiv auftreten, geht nicht. Soweit ich weiß, kam es aber auch nicht zu gewaltsamen Übergriffen.
Halten Sie die bisherigen Proteste für erfolgreich?
Die Aktionen haben schon etwas gebracht. Dass die KfZ-Steuer nicht kommen und die Rückvergütung schrittweise kommen soll, zeigt aber auch, dass die Pläne noch nicht ausgegoren waren und dass die Regierung kopflos irgendwelche Löcher zu stopfen versucht.
Keine KfZ-Steuer und ein gestaffelter Anstieg beim Agrardiesel-Preis – was bedeutet das für Sie?
Ich bewirtschafte einen 500 Hektar großen Ackerbaubetrieb und benötige dafür 60.000 Liter Diesel. 21,5 Cent pro Liter werden vom Staat übernommen, das sind jährlich fast 13.000 Euro, die demnächst nicht mehr bezahlt werden. Auf erneuerbare Energien umstellen kann ich nicht, weil der Markt das noch nicht hergibt.
Wir werden mit Kosten bombardiert, die wir nicht abwälzen können. Dass wir jetzt noch tiefer in die Tasche greifen müssen, ist wirklich frustrierend. Vor dem Hintergrund muss die Politik offen eingestehen, dass sie die Landwirtschaft in unserer jetzigen Form nicht haben möchte.
Gibt es trotzdem Unterstützung für Sie?
Große Teile der Bevölkerung stehen hinter uns und wir wollen auch, dass das so bleibt. Aber wir bekommen auch viele Anrufe von Bürgern, die sich fragen, wie sie bei den Protestaktionen kommende Woche von A nach B kommen sollen. Aber die meisten zeigen Verständnis dafür, dass wir auf die Straße gehen und auf unsere Sorgen aufmerksam machen.
Hinweis: Im ersten Absatz wurde konkretisiert, dass die Bundesregierung die Befreiung von der KfZ-Steuer für Landschaftsfahrzeuge streichen wollte, nicht die KfZ-Steuer einführen wollte. Zudem wurde konkretisiert, dass Subventionen für Agrardiesel schrittweise zurückgefahren werden, was ein Erfolg der Landwirte ist.