Die erste Geige spielte Poullain viele Jahre später in einem ganz anderen Konzert: Als Vorstandsvorsitzender der Westdeutschen Landesbank (WestLB) gehörte der Bäckersohn aus Lüttringhausen in den 70er Jahren zu den einflussreichsten Managern im deutschen Geldgewerbe. Am 23. Dezember wird Poullain 85 Jahre alt.
Kein angepasster Manager
Nie hat der gebürtige Westfale zum Typus jener angepassten Manager in Nadelstreifen gehört, wie sie heute im Geldgewerbe anzutreffen sind. Mit beißender Kritik bürstete der Westfale gegen den Strich und legte sich mit Politikern wie auch mit Bankmanagern an. In einer nicht-gehaltenen Rede warf der rüstige Pensionär erst Mitte 2004 den deutschen Bankherren vor, mit ihrem instinktlosen und arroganten Verhalten die Grundlagen der sozialen Marktwirtschaft zu gefährden. Dabei geißelte er unter anderm die "Globalisierungswut und den schwyzerischen Erwerbssinn" von Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann. Der Elite des Geldadels fehlten heute oft "Redlichkeit und moralische Prinzipien".
Der berufliche Aufstieg Poullains begann 1937 mit einer Banklehre bei der Sparkasse Remscheid. Er wurde 1964 Vorstandsmitglied der Landesbank für Westfalen und fusionierte das Institut 1968 mit ihrer rheinischen Schwesterbank zur WestLB. Als ihr Vorstandsvorsitzender baute Poullain in den Folgejahren die Gruppe zum größten öffentlich-rechtlichen Kreditinstitut in Deutschland aus.
Stolperte über einen Beratervertrag
Ein Beratervertrag beendete seine Karriere jedoch abrupt: Ende 1977 legte Poullain sein Amt bei der WestLB nieder. Wegen angeblicher Untreue, Betrug und Bestechlichkeit wurde ihm später sogar der Prozess gemacht, der mit einem Freispruch endete. Zu seinem spektakulären Abgang sagte er einmal: "Ich habe die Position bei der WestLB freiwillig geräumt, und ich bin glücklich, dass ich das gemacht habe."
In der Wirtschaft war sein Rat auch nach seinem Abschied von der WestLB gefragt: So unter anderem bei der Grundig AG und zahlreichen mittelständischen Betrieben. Der begeisterte Segler und Vater von zwei Kindern war unter anderem Aufsichtsratsvorsitzender des Dortmunder Bauunternehmers Wiemer & Trachte und stand Pate bei der Verschmelzung von Grundig mit Philips.
Provokante Privatiesierungsthesen
Mit provokanten Thesen zur Sparkassenpolitik hat sich Poullain immer wieder zu Wort gemeldet: "Die Sparkassen tun heute nichts anderes als private Banken". Und er schlussfolgerte: "Es gibt keine ordnungspolitische Begründung, öffentlich-rechtliche Kreditinstitute zu betreiben". Erst mit der Aufspaltung der WestLB in eine Landesbank und eine kommerzielle Tochter Mitte 2002 wurde seine Forderung viele Jahre später Realität. Poullain: "Wäre ich im Amt geblieben, wäre die Bank seit 20 Jahren privatisiert."