Aber auch die Designer-Ideen für den Mann von Welt können nicht vertuschen, wie wenig Geld derzeit in die Kassen des renommierten Mailänder Unternehmens fließt. Die Zahlen für 2003 fielen noch negativer aus als die ohnehin schon schlechte Bilanz 2002. Die Konzernführung versucht krampfhaft, Optimismus zu verbreiten: "Noch in diesem Jahr werden wir zum Profit zurückkehren", verkündete Generaldirektor Daniele Ballestrazzi unlängst. Und Versace scheint tatsächlich alle Hebel in Bewegung zu setzen, um dieses Ziel zu erreichen.
Haute-Couture-Schau abgesagt
Die 1978 von Gianni Versace gegründete Gruppe ist derzeit auf der Suche nach einem finanzkräftigen Partner, um auf den Laufstegen der Welt auch zukünftig zu bestehen. Die Pariser Haute-Couture-Schauen hatte der Konzern, ebenso wie das kürzlich in Konkurs gegangene Modehaus Balmain, zuletzt aus finanziellen Gründen abgesagt: Schließlich kosten die meist nur 20-minütigen Defilees jeweils zwischen einer und vier Millionen Euro. Bei Nettoverlusten von 26,5 Millionen Euro im vergangenen Jahr und einem Umsatz von 403 Millionen Euro, 80 Millionen Euro weniger als im Vorjahr, ist derartiger Luxus für Versace momentan einfach zu kostspielig.
Wie sehr sich das Szenario in den vergangenen zwölf Monaten zum Negativen verändert hat, zeigt vor allem die Suche nach einem starken Investor. Denn erst im Juni 2003 hatte Unternehmens-Präsident Santo Versace erklärt: "Wir suchen keinen Partner." Jetzt musste seine Schwester, Kreativchefin Donatella Versace, eingestehen: "Wir müssen unbedingt einen Geschäftspartner finden, denn wir brauchen Geld für die Sanierung."
Kredit in letzter Minute genehmigt
Zudem wurden bereits erhebliche Sparmaßnahmen sowie eine Straffung des Vertriebsnetzes eingeleitet. In letzter Minute erhielt das Haus einen Kredit über 100 Millionen Euro von der Banca Intesa für eine fällig gewordene Schuldverschreibung, deren Rückzahlung lange als unsicher galt. Verkäufe von Unternehmensteilen, um Bares in die Kassen zuspülen, schließt die Konzernspitze aber bisher aus. Kaum ein anderes Modeunternehmen stand in den vergangenen Jahren so sehr im Scheinwerferlicht wie das Mailänder Edel-Label. Zunächst war da der Aufsehen erregende Mord an Gianni Versace, der 1997 vor seiner Villa in Miami Beach durch einen Kopfschuss getötet wurde. Der smarte Manager war nicht nur der Chef, sondern auch der kreative Kopf der berühmten Firma. Und die gesamte Modewelt fragte sich damals, ob und wie seine Schwester Donatella den Konzern am Leben erhalten könne.
Unter Donatella lief's schlechter
Die langhaarige Blondine hatte ihre Lektion jedoch über die Jahre gelernt: "Alles, was ich kann, habe ich von meinem Bruder Gianni gelernt und, alles, was ich mache und machen werde, beinhaltet immer etwas von Gianni. Er war der beste Meister, den ich je haben konnte", sagte sie später einmal. Dennoch: Die guten Ergebnisse, die das Unternehmen unter seinem Gründer einfuhr, verschlechterten sich zusehends. Kritiker meinen, die Kreationen Donatellas seien schlicht zu schrill, zu übertrieben, zu untragbar, um gute Verkaufszahlen zu erzielen. Auch jüngst geriet das Unternehmen wieder in die Schlagzeilen, als die erst 18-jährige Lieblingsnichte Giannis, Allegra Beck Versace, ihr Erbe antrat und Ende Juni 50 Prozent der Anteile an der Familienholding übernahm. Donatella Versace hält 20 Prozent der Aktien, ihr Bruder Santo 30 Prozent. Fraglich ist, ob die gertenschlanke Allegra das Unternehmen gemeinsam mit ihrer Mutter und ihrem Onkel verwalten will oder sich stattdessen lieber ihrer großen Leidenschaft - der Schauspielerei - widmen wird. Medien berichteten zuletzt jedoch, die Jüngste des Versace-Clans wolle vorläufig nicht in den Verwaltungsrat einsteigen.