Der Tarifkonflikt in der ostdeutschen Metall- und Elektroindustrie weitet sich aus. Die Streiks sollen von Dienstag an auf Berlin und Brandenburg ausgeweitet werden, beschloss der Vorstand der IG Metall am Montag in Frankfurt. "Mit der Ausweitung des Arbeitskampfes wollen wir den Druck auf die Arbeitgeber weiter erhöhen, um möglichst bald einen akzeptablen Tarifabschluss zu erreichen", sagte IG-Metall-Vize Jürgen Peters.
Dritte Streikwoche in Sachsen
Zum Auftakt der dritten Streikwoche in Sachsen hatten am Montag mehr als 6800 Metaller die Arbeit niedergelegt. Dort sollen die Streiks zunächst bis kommenden Samstag fortgesetzt werden.
In Ost-Berlin und Brandenburg werden am Dienstag nach Angaben der örtlichen Bezirksleitung rund 2600 Beschäftigte in fünf Betrieben zu Arbeitsniederlegungen aufgerufen. Mit Sachsen zusammen werden somit insgesamt 11 300 Beschäftigte in 15 Betrieben die Arbeit ruhen lassen.
Arbeitgeber lehnen 35-Stunden-Woche ab
Unterdessen lehnten die Arbeitgeber die Einführung der 35-Stunden-Woche erneut kategorisch ab. "Wir werden keine Vereinbarung zur Arbeitszeit unterzeichnen, die den Belangen der Region widerspricht, heißt es in einer in Leipzig verabschiedeten "Leipziger Erklärung" der ostdeutschen Arbeitgeberverbände. Die Beibehaltung der 38- Stunden-Woche in der Metall- und Elektroindustrie Ostdeutschlands sei unverzichtbar für den Aufbau Ost.
"Wir sind grundsätzlich für die Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost und West, auch was die Arbeitszeit anbelangt", sagte Gesamtmetall-Präsident Martin Kannegiesser auf einer Konferenz seines Verbandes in Leipzig. Doch die Angleichung könne sich erst vollziehen, wenn die Leistungskraft der ostdeutschen Metall- und Elektroindustrie der des Westens entspreche. Ein Arbeiter im Osten schaffe pro Stunde einen Wert von 91 Euro, einer im Westen 139 Euro. Die IG Metall macht hingegen andere Rechnungen auf, wonach die Produktivität in Teilen der Branche bereits größer als in westdeutschen Tarifbezirken ist.
Produktivität müsse zunächst wachsen
Erst wenn Produktivität, Arbeitsmarktlage und Kapitalausstattung angeglichen seien, könne auch die Arbeitszeit angeglichen werden. "Angleichung geht nur jeweils mit Gleichem, weil man sonst dem Schwächeren die Chancen nimmt", sagte Kannegiesser weiter. Er forderte die IG Metall auf, die Verhandlungen über die Kriterien der Angleichung wieder aufzunehmen.
Die Streiks in Sachsen sollen zunächst bis kommenden Samstag fortgesetzt werden. Die IG Metall hatte in sieben großen Betrieben vor allem der Autoindustrie mit mehr als 8200 Beschäftigten zu Arbeitsniederlegungen aufgerufen. Betroffen waren unter anderen das Maschinenwerk Kirow in Leipzig, die Volkswagenwerke in Chemnitz und Zwickau und das Gelenkwellenwerk in Mosel.
Separate Tarifverhandlungen einzelner Betriebe
Kannegiesser sagte, er akzeptiere, dass einige Betriebe des Verbandes der Sächsischen Metall- und Elektroindustrie mit der Gewerkschaft separate Tarifverhandlungen aufgenommen haben. "Das Thema Arbeitszeit und die Betroffenheit der Betriebe sind unterschiedlich", sagte der Präsident. Je unvernünftiger die Forderungen geworden seien, desto mehr Betriebe könnten den Flächentarifvertrag nicht erfüllen.
Der "Tagesspiegel" berichtete unterdessen in seiner Dienstagausgabe, für den Fall einer Schlichtung sei derzeit in der IG Metall der frühere sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf im Gespräch. Es werde dabei vor allem darum gehen, den sächsischen Arbeitgeberverband auf Kurs zu bringen, hieß es.