Wenn sich Unternehmen in einer Stadt ansiedeln und Arbeitsplätze schaffen, gilt das in der Regel als gute Nachricht. Online-Riese Amazon jedoch stößt mit seinem neuen Logistikzentrum in Bad Oldesloe auf wenig Gegenliebe. Auf zehn Hektar Fläche baut der Weltkonzern derzeit in der norddeutschen Kleinstadt ein neues Verteilzentrum. Im Oktober soll es eröffnet werden, 150 Arbeitsplätze sollen entstehen.
Doch der Bürgermeister von Bad Oldesloe, Jörg Lembke, könnte darauf gut und gerne verzichten. "Amazon liegt uns auf der Tasche. Der Zuzug des Onlinehändlers ist unterm Strich kein Grund zur Freude", sagte Lembke dem Business Insider. Er fürchtet, dass die Amazon-Ansiedlung der Gemeinde unterm Strich mehr Kosten als Nutzen bringen wird.
Geringe Einnahmen, große Probleme?
Denn hohe Steuerzahlungen erwartet er von dem Digitalkonzern nicht. Die erwarteten Einnahmen aus der Gewerbesteuer lägen lediglich bei 10.000 bis 15.000 Euro im Jahr, schreibt Business Insider. "Wenn man es vergleicht, ist das, was wir hier an Gewerbesteuer zu erwarten haben von Amazon, in etwa das, was sonst ein kleiner mittelständischer Handwerksbetrieb zahlt", sagte Lembke kürzlich dem NDR.
Demgegenüber stehen Kosten für Infrastruktur, die die öffentliche Hand zu zahlen hat, wie etwa der Bau neu benötigter Sozialwohnungen. Außerdem erwartet der Bürgermeister, dass einige Amazon-Mitarbeiter so schlecht bezahlt werden, dass ihr Gehalt mit staatlicher Grundsicherung aufgestockt werden muss.
Und schließlich steht die Frage, inwieweit der Verkehr in und um die 24.000-Einwohner-Stadt durch die zusätzlichen Amazon-Lastwagen belastet wird. Amazon rechnet im Normalbetrieb mit 500 Lieferfahrzeugen pro Tag und 50 weiteren Lkw in der Nacht. Sie sollen möglichst außerhalb des Berufsverkehrs ankommen, verspricht der Logistikriese. Ein Verkehrsgutachten hatte keine Probleme gesehen. Da sei aber noch nicht bekannt gewesen, dass der Klinikkonzern Asklepios gleich nebenan ebenfalls ein großes Zentrallager errichten werde, schreiben die "Lübecker Nachrichten".
Aus all diesen Gründen ist das Amazon-Lager in Bad Oldesloe bereits seit Beginn der Planungen vor einem Jahr umstritten. Bürgermeister Lembke, der sich 2016 als parteiloser Kandidat bei der Bürgermeisterwahl durchsetzte, macht keinen Hehl daraus, dass er sich für das Gewerbegebiet eines Privatinvestors einen anderen Mieter gewünscht hätte – am besten einen, der mehr Steuern zahlt. "Für Bad Oldesloe wird der finanzielle Ertrag eher gering ausfallen", sagt Lembke.
Ergänzung 11.9.: Amazon weist die Kritik zurück: "An allen unseren deutschen Standorten sind sichere und attraktive Arbeitsplätze entstanden. Mitarbeiter in Bad Oldesloe werden mindestens 11,71 Euro brutto/Stunde plus weitere Extras bekommen", sagt ein Unternehmenssprecher. Die Jobs bedürften keiner formellen Ausbildung oder Lehre. Es gehe dem Konzern um ein langfristiges Engagement in der Gemeinde, man unterstütze gemeinnützige Initiativen und wollen ein guter Nachbar sein.
Quellen: Business Insider / NDR / Lübecker Nachrichten