Augsburger Puppenkiste Reise in die Kindheit

Von Elke Schulze
Seit über 40 Jahren sind Jim Knopf, Urmel oder Kater Mikesch die Helden der Kinderbücher. Inzwischen haben die Puppen ihren Platz im Museum gefunden. Doch stern.de hat sich die neuen Bewohner der Augsburger Puppenkiste angesehen.

"Ich bin's...der Kaschper." Da kommt er auch schon herangestakst. Dass das kleine Männchen schon 59 Jahre auf dem Buckel hat, sieht man ihm nicht an. Fit wie eh und je winkt er seinem Publikum zu, bis die grüne Zipfelmütze wackelt. Sein ewig frisches Lachen verdankt die Holzmarionette dem unermüdlichen Einsatz des Ensembles der Augsburger Puppenkiste. Liebevoll ersetzen die Puppenspieler zerschlissene Outfits. Keiner weiß mehr genau, wie häufig der von unzähligen Aufführungen geschundene Körper bereits repariert wurde.

Betreib seit 49 Jahren

Seit 1948 steht die dienstälteste Puppe des Augsburger Theaters fast täglich auf der Bühne. Zurzeit läuft das "Kabarett". Ein Programm für Erwachsene, in dem die Spieler jeden Abend im wahrsten Sinne des Wortes die Puppen tanzen lassen. Zu sehen sind sie nicht. Ein Vorhang verdeckt die erhöhte Umrandung, Brücke genannt. Eine handvoll Spieler haucht jeden Abend in dutzenden Nummern rund 120 Puppen Leben ein. Bunte Beleuchtung, laute Musik und der Einsatz einer Nebelmaschine machen die Show perfekt. Nur die Dialoge kommen vom Band.

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Für den stern hat die Puppenkiste nicht nur ihre Deckel aufgeklappt, die Redakteure durften auch hinter die Kulissen gucken: Dorthin, wo hunderte Puppen an langen Fäden in mehreren Metern Höhe aufgehängt sind. Für die Produktion des Versicherungsjournals (stern 22/2007) wurden mit den Puppen Szenen nachgestellt, die zeigen, wann eine Krankenversicherung sinnvoll ist oder warum sich der Abschluss einer Hausratversicherung lohnt.

Die charakteristischen Deckel der Augsburger Puppenkiste öffneten sich 1948 das erste Mal. Von Beginn an war das Theater im denkmalgeschützten Heiligen-Geist-Spital untergebracht, versteckt in der Augsburger Altstadt. Gründer Walter Oehmichen spielte zunächst nur für Familie und Freunde. Inzwischen wird das Unternehmen, das Stars wie Jim Kopf, Urmel aus dem Eis oder Kater Mikesch hervorgebracht hat in dritter Generation von den Brüdern Klaus und Jürgen Marschall weitergeführt.

Verfilmungen machten die Puppenkiste berühmt

Wer kann sich nicht an Lukas und seine Lokomotive Emma erinnern und an die rauschende Folie, die als Meer das kleine Lummerland umgab. Inzwischen haben sie, wie auch der kleine König Kalle Wirsch oder Kater Mikesch, ihre Ruhe gefunden und sind im Museum "Die Kiste" zu besichtigen, das sich gleich im ersten Stock über dem Theater befindet. Bekannt und zur kollektiven Kindheitserinnerung sind die Figuren durch die Verfilmungen in den 60er Jahren geworden. Damals wurde einfach im Theater-Foyer, wo man heute seinen Milchkaffee genießt, gedreht.

Auf rund 6000 Puppen ist der Fundus inzwischen angewachsen. Seit jeher werden Kopf, Arme und Beine der etwa drei Kilo schweren Puppen aus Holz geschnitzt. Mittlerweile ist die Puppengarde auch in politische Dimensionen vorgestoßen: Eine 50 Zentimeter große Angela Merkel tritt ebenso im Kabarett auf, wie Guido Westerwelle, "Münte" oder Edmund "Ede" Stoiber. Die Helden in der Kindervorstellung sind aber die Klassiker von früher geblieben: der Räuber Hotzenplotz, die kleine Hexe oder der gestiefelte Kater.