Die Schmerzgrenze liegt bei 120 Sekunden. Steht das Licht einer Ampel länger auf Rot werden die meisten Menschen unruhig bis missmutig. Egal ob Autofahrer, Fußgänger oder Radler. Vor allem Fußgänger verlieren oft die Geduld, ignorieren das stehende rote Ampelmännchen und flitzen schon über die Straße bevor dessen kleiner grüner Kumpel das "Go" gibt. Seit einigen Jahren regeln die etwas steifen Figuren den Verkehr an den vielen Tausend Straßenkreuzungen nicht mehr ganz allein. In mindestens 20 deutschen Städten waren kreative Köpfe am Werk, um Passanten beim Warten an der Ampel zu unterhalten und ihnen die Wartezeit ein wenig zu verkürzen.
In welche Rollen die Ampelmännchen in Bremen, Fulda, Mainz und Neuruppin geschlüpft sind und wer Jung und Alt in Hameln und Friedberg über die Straße hilft, erfahren Sie in diesem Artikel.
Augsburg: Das Kasperle
Was wäre Augsburg ohne Jim Knopf und seine Puppenkiste. Da lag es auf der Hand, eine Ampel der Stadt mit der Nummer 1 des Puppentheaters, dem Kasperle, zu schmücken. Seit Juli 2017 begeistert es die Kinder an der Kreuzung Milchberg/Spitalgasse in der Nähe der Augsburger Puppenkiste.

Bremen: Die Ampel-Musikanten
Auch die Hansestadt an der Weser hat sich für ein Motiv entschieden, das vermutlich alle Kinder als Erstes mit Bremen verbinden 2017 ließ die Touristik-Zentrale die Bremer Ampel-Musikanten am Freimarkt aufmarschieren. Allerdings erfreuten Esel, Hund, Katze und Hahn die Besucher nur für einige Wochen an den Ampeln rund um den dicht befahrenen Freimarkt.

Darmstadt: Heinerbub und Heinermädel
Im April 2020 hat Darmstadt seinen erfahrenen Ampelmännchen ein beliebtes Pärchen an die Seite gestellt. Während der Heinerbub mit seiner Ballonmütze die Fußgänger am Fahrbahnrand stoppen soll, kann man nach kurzer Wartezeit mit dem bezopften und gut gelaunten Heinermädel über die Straße hüpfen. Gewidmet wurden die "echten Darmstädter" dem Künstler Helmut Lortz, der Maskottchen einst gezeichnet hat und in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag gefeiert hätte.

Duisburg: Der Bergmann
Der Bergbau gehört zum Ruhgebiet wie der BVB und Schalke. Als Anerkennung und Erinnerung an die Kumpel und Zechen begleiten seit 2018 zwei nimmermüde Bergleute die Menschen am Duisburger Zoo über die Straße. Natürlich stilecht und authentisch mit Schutzhelm und Grubenlampe.

Emden: Nicht der Ottifant
Eigentlich sollte es der legendäre Ottifant werden, nun muss "Papa" selbst ran. Nach einigen juristischen Scharmützeln hoppeln Touristen in Emden seit Sommer 2019 mit Otto Waalkes in typischer Pose über einige Straßen der Stadt. Der Komiker hat die Porträts selbst entworfen. Warum es nicht die Ottifanten geworden sind? In Paragraf 37 der Straßenverkehrsordnung wird geregelt, dass das Lichtzeichen im Sinnbild einen Fußgänger darstellen muss. Da gab es selbst für Otto nichts dran zu rütteln.

Erfurt: Mit Regenschirm und Schlafmütze
In der Landeshauptstadt Thüringens tragen die Ampelmännchen aus Tradition Hut. Wie in vielen anderen Regionen Ostdeutschlands. Doch schon in den 1980-Jahren kamen städtische Angestellte auf die Idee, den Ampeln der Stadt frischen Glanz zu verleihen. Mittlerweile lotsen zehn verschiedene Motive die Erfurter über die Straßen der Stadt. Und für Touristen wird gar eine Ampel-Tour angeboten. Neben einem Bäcker leuchten in der Blumenstadt unter anderem ein Mann mit Regenschirm, ein Wandersmann mit Rucksack und Schulkind mit Zuckertüte. Und zwar allesamt in Grün. Die roten tragen nach wie vor Hut.

Friedberg: Elvis lebt (in der Wetterau)
Eine Glosse in der regionalen Presse brachte eine Stadträtin in Friedberg 2018 auf die Idee. Schon wenig später standen die Entwürfe und seit Dezember 2018 begleitet Elvis Presley Einwohner und Touristen an drei Kreuzungen über die Straße. Bei Rotlicht steht der "King of Rock'n'Roll" in typischer Pose am Mikrofon. Mit seinem legendären Hüftschwung lotst Elvis Jung und Alt dann über die Fahrbahn. Der 1977 verstorbene Sänger war von 1958 bis 1960 als US-Soldat in Friedberg stationiert und lebte im benachbarten Bad Nauheim, wo ebenfalls Elvis-Ampelmännchen zum Einsatz kommen.

Hameln: Der Rattenfänger
Auch in Hameln wälzten Beamte viel Papier bis sie grünes Licht für ein Märchenmotiv an drei Ampeln der Stadt gaben. Der Rattenfänger hat Hameln zu Weltruhm verholfen. Nun gibt er mit seiner Tröte seit dem Sommer 2019 das Startsignal für die Fußgänger rund um den Kastanienwall.

Mainz: Det, das schlaue Mainzelmännchen
Wer anders als ein Mainzelmännchen sollte die Ampelanlagen in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt schmücken. Die Wahl fiel auf den schlauen Det, der bei Touristen längst zum Besuchermagnet geworden ist. Im November 2016 knipsten ZDF-Intendant Thomas Bellut und Oberbürgermeister Ebling das Licht der ersten Det-Ampel an. Inzwischen hilft das Mainzelmännchen im ganzen Stadtgebiet Groß und Klein über die Straße.

Neuruppin: Theodor Fontane
Nur einen Steinwurf vom Denkmal des berühmten Dichters entfernt, leuchtet seit April 2019 in Neuruppin eine Fußgängerampel mit der Silhouette Theodor Fontanes. Anlässlich des 200. Geburtstages entwarf Karikaturist Max-Otto-Stoye eine stehende und eine gehende Version des Schriftstellers, der 1819 in der Kreisstadt in Brandenburg das Licht der Welt erblickte. Bei Rotlicht zieht Fontana seinen Hut, mit großen Schritten und Stock begleitet er Passanten bei Grün über die Straße.

Neuss: Schützenjäger und Grenadiere
Seit August 2019 hat auch das nordrhein-westfälische Neuss individuelle Ampelmännchen. Anlässlich des traditionsreichen Schützenfests marschieren an acht Ampeln rote und grüne Schützenjäger und Grenadiere auf. Zunächst sollten die Soldaten nur während des Fests Präsenz zeigen. Inzwischen lotsen sie die Fußgänger in Neuss dauerhaft über einige Straßen der Stadt am Niederrhein.

Trier: Karl Marx
Im standesgemäßen Rot, aber auch mit grünem Rauschebart leuchtet Karl Marx seit 2018 an zwei Ampeln seiner Heimatstadt. Der Philosoph ist das berühmteste Kind der Stadt. Anlässlich seines 200. Geburtstags weihte Oberbürgermeister Wolfram Leibe im März 2018 die erste Ampel mit Marx' Konterfei ein. Im schicken Gehrock und mit ausgebreiteten Armen bittet er die Fußgänger um Geduld. Flotten Schrittes und mit einem Buch unterm Arm geht's dann über die Straße.
