75. Jahre Puppentheater Einmal Nostalgie, bitte: Warum die Augsburger Puppenkiste noch immer relevant ist

Urmel aus dem Eis hat es nach der Augsburger Puppenkiste auch ins Fernsehen und ins Kino geschafft. 
Urmel aus dem Eis hat es nach der Augsburger Puppenkiste auch ins Fernsehen und ins Kino geschafft. 
© epd / Imago Images
Heute vor 75 Jahren war die erste Vorstellung der Augsburger Puppenkiste. In all den Jahren ist einiges passiert. Aber eines hat sich nicht geändert: Das Puppentheater ist nach wie vor wichtig. 

Urmel aus dem Eis, Lukas der Lokomotivführer oder Räuber Hotzenplotz – sie alle haben die Kindheit von Millionen Menschen geprägt. Die Augsburger Puppenkiste hat den Vorbildern unserer Jugend ein neues Gesicht verliehen, eines aus Holz. Und ihre Geschichten auf eine ganz besondere Art und Weise erzählt. Heute wird der Familienbetrieb 75 Jahre alt. Und das Ende des nostalgischen Puppentheaters ist noch lange nicht in Sicht – zum Glück. Gerade in unsicheren Zeiten wie diesen sollten wir uns ein Stück Nostalgie bewahren.

Zu verdanken haben wir die zauberhaften Abenteuer, bei denen wir die selbst geschnitzten Puppen im Laufe der Zeit begleiten durften, dem damaligen Wehrmachtssoldaten Walter Oehmichen. Als der Augsburger in einer Schule in Calais stationiert ist, entdeckt er ein kleines Puppentheater. Um seine Kameraden vom Schrecken des Krieges abzulenken, beginnt er, kleine Figuren zu basteln – zuerst aus Pappe, später aus Holz.

Die Entwicklung der Augsburger Puppenkiste

Der Rest ist Geschichte: erste öffentliche Vorstellung am 26. Februar 1948 in einem ehemaligen Hospital in der Augsburger Altstadt – es wird “Der gestiefelte Kater“ gezeigt. Im Januar 1953 läuft die Puppenkiste dann mit der Kindersendung “Peter und der Wolf“ erstmals im Fernsehen. Mit Jim Knopf und Lukas dem Lokomotivführer brachte die Puppenkiste im Jahr 1961 dann zwei neue Helden auf den Bildschirm – komplett aus Holz und mit einem frechen Mundwerk, versteht sich.

Der kecke Ton, die kreativ abgewandelten Kultgeschichten und eigene Märchen, die Kinder und Erwachsene in all den Jahren immer wieder in neue Welten entführen, das ist es, was die Magie der Augsburger Puppenkiste ausmacht. Den Machern des Puppentheaters ging es immer darum, Geschichten zu erzählen, die Menschen mitzureißen. Gesellschaftliche Probleme, Sorgen und Ängste sollen für eine Weile draußenbleiben. Zumindest meistens.

Denn eine Ausnahme haben die Schwaben dann doch gemacht, in der Coronavirus-Pandemie. Zusammen mit dem Bayerischen Kultusministerium haben die Macher der Augsburger Puppenkiste einen Erklärfilm produziert. Darin erklärte Kasperl in breitem Schwäbisch, warum sich eine Impfung lohnt. Charmante Lösung für ein komplexes gesellschaftliches Problem, das ankam: Der Film ging viral.

Nostalgie und Unterhaltung

Die Augsburger Puppenkiste ist zwar nicht in jeder Hinsicht gut gealtert, aber sie ist ein Stück Zeitgeschichte, eine Konstante, an der man sich festhalten kann, wenn einem der Halt mal verloren gehen sollte. Ganz egal, ob Urmel aus dem Eis, Räuber Hotzenplotz oder ein anderer Bewohner der Puppenkiste – sie alle erinnern uns an längst vergangene Tage.

An Momente, in denen wir vor dem Fernseher saßen, vielleicht in eine kuschelige Decke eingemummelt, mit einem Kakao in der einen und einem Keks in der anderen Hand, und uns haben entführen lassen in eine Welt, die so anders ist, als unsere. Vielleicht ein bisschen verrückter, manchmal ein bisschen aufregender und nicht selten auch heiler.

Die Reise für Urmel und Jim Knopf geht weiter

Ja, die Augsburger Puppenkiste ist Nostalgie pur. Und genau deshalb sollten wir sie uns bewahren, solange wir können. Im Fernsehen können wir sie zwar schon länger nicht mehr finden, aber dafür wieder in der klassischen Form: im Puppentheater in der Augsburger Altstadt. Viele der insgesamt rund 6000 Figuren, die im Laufe der Zeit "leben" mittlerweile außerdem im Museum des Puppentheaters. Wer seine Holz-Stars aus alten Tagen also mal wieder live sehen möchte, der ist in Augsburg gut aufgehoben. Allerdings sollte man sich ranhalten – die Vorstellungen bis Mai sind bereits ausgebucht.

Das ist nicht nur für die Intendanten des Puppentheaters ein gutes Zeichen. Denn es zeigt, dass die Reise für die beliebten Helden aus Holz weitergehen kann. Und das bedeutet eben auch, dass wir noch sehr lange die Möglichkeit haben, uns dank Urmel, Jim Knopf und Co. an eine Zeit zu erinnern, in der die wichtigste Frage noch war, wer denn nun in der “Mupfel“ lebt und welche Plätzchen man isst, während Urmel aus Holz versucht, die Antwort auf die Frage zu finden. 

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