Wer diesen Samstagnachmittag von Hamburg nach Köln fahren will, der findet noch am Donnerstag auf bahn.de folgendes Schnäppchen: Sparangebot 69 Euro, der Normalpreis liegt bei 90 Euro. 21 Euro Ersparnis, obwohl die Buchung recht kurzfristig ist, da will man als Kunde nicht meckern und der Bahn für ihre Großzügigkeit danken. Bis man erfährt, dass man das gleiche Ticket auch für 29 Euro hätte haben können. Und zwar nicht zwei Wochen vorher, sondern zum gleichen Zeitpunkt, auf einer Partnerseite der Deutschen Bahn.
Denn ehrlich ist die Bahn nicht, wenn sie ihren Kunden auf der eigenen Seite verspricht, mit dem Sparpreis-Finder "den günstigsten verfügbaren Preis" herauszusuchen. Es handelt sich nämlich lediglich um den günstigsten verfügbaren Preis auf www.bahn.de. Parallel vertickt die Bahn aber einen Klick weiter Fahrkarten, die deutlich günstiger sind. Sparfüchse kennen schon seit Längerem die Last-Minute-Angebote von L'tur. Der Reiseanbieter bringt Resttickets der Bahn ein bis sieben Tage im Voraus für 27 Euro unters Volk. Auf der Bahnseite sind diese Schnäppchen nicht zu finden.
Seitdem die Fernbuslinien die Konkurrenz verschärft haben, hat die Bahn diese Masche noch ausgeweitet: Ausgerechnet auf Vergleichsseiten, die Fernbusreisen vermitteln, hat die Bahn nun ebenfalls ihre Lockangebote ausgeworfen. Auf fernbusse.de, busliniensuche.de oder fromatob.de gibt es die eingangs erwähnte Hamburg-Köln-Fahrt für 29 Euro. "Unser Ziel ist es, die Züge größtmöglich auszulasten. Natürlich gibt es zwischen den einzelnen Verkaufskanälen auch Preisdifferenzen", sagt die Bahn dazu auf Anfrage. Zum Umfang der Nebenher-Geschäfte macht der Konzern keine Angaben.
81 Euro Differenz zum Sparpreis
Bei langen Strecken lässt sich sogar richtig viel sparen. Für Berlin-München am kommenden Donnerstag hält die Bahn auf ihrer Seite "Sparangebote" für 110 Euro bereit (Normalpreis 130 Euro). Die gleichen Fahrten gibt es bei busliniensuche.de für 29 Euro - eine Differenz zum Sparpreis von 81 Euro. Das Angebot gibt es nicht nur morgens um sechs Uhr, sondern auch vormittags um zehn oder elf. L'tur hat in diesem Beispiel nur die Sechs-Uhr-Angebote. Es reicht also offenbar nicht, nur ein Schnäppchenportal zu checken, um den niedrigsten Preis zu bekommen.
Problematisch ist das Versteckspiel, weil die Bahn ausgerechnet ihre Stammkunden damit systematisch diskriminiert. Wer brav bucht, was auf bahn.de angeboten wird, im Glauben die Bahn zeige ihm hier die günstigsten Sparangebote, der kann sich schnell verarscht vorkommen. Auch die Bahncard 25 wird ein stückweit entwertet, da die externen Angebote nicht mit dem Rabatt kombiniert werden können.
Die Bahn hält derlei Preisdiskriminierung für "üblich am Markt". Schließlich würden beispielsweise Airlines das Spielchen genauso spielen. Der Vergleich hinkt allerdings: Denn Fluggesellschaften stehen im harten Wettbewerb untereinander, während die Bahn auf der Schiene ein Monopol innehat. Folgerichtig kritisiert auch der Fahrgastverband Pro Bahn die zunehmende Intransparenz der Preispolitik. Ein Sprecher des Verbandes sagte der "Süddeutschen Zeitung": "Heutzutage braucht man mindestens Bahn-Abitur, um da noch durchzublicken."