Bankensanierung Die Ursachen der WestLB-Krise

Die Eigentümer der WestLB haben sich auf einen Sanierungsplan für die angeschlagene Bank geeinigt. Aber warum ist die WestLB eigentlich in der Krise und wie soll ihr da wieder herausgeholfen werden? stern.de beantwortet die wichtigsten Fragen zum Thema.

Die WestLB ist durch misslungene Aktienspekulationen und die US-Immobilienkrise in eine existenzbedrohende Krise geraten. Nun soll wieder herausgeholfen werden: In der Nacht zum Freitag einigten sich die Eigentümer des Geldinstituts - das heißt das Land Nordrhein-Westfalen, die Sparkassenverbände Rheinland und Westfalen-Lippe sowie die Landschaftsverbände - auf ein Sanierungskonzept für die krisengeschüttelte Bank.

Doch was beinhaltet das Konzept, was sind seine Auswirkungen auf Mitarbeiter und wie kam es eigentlich zu dem Dilemma? stern.de beantwortet die wichtigsten Fragen zur WestLB-Krise und ihrer vermeintlichen Lösung.

Was bedeutet der Sanierungsplan für die Mitarbeiter?

Die Mitarbeiter sind die Hauptverlierer der Rettungsaktion. Bis zu 1.500 der rund 6.000 Arbeitsplätze sollen in den nächsten drei Jahren abgebaut werden. Die Bank will dadurch Kosteneinsparungen von rund 300 Millionen Euro realisieren. Kleiner Trost für die Mitarbeiter: Der Arbeitsplatzabbau soll so sozialverträglich wie möglich erfolgen.

Wie geriet die einst größte öffentlich-rechtliche Bank in eine derart existenzbedrohende Krise?

Die WestLB hat nach Ansicht von Experten ein Dauerproblem. Sie verfügt nicht über ein funktionierendes Geschäftsmodell. Der Zugang zum Endkunden in Deutschland ist ihr weitgehend versperrt. Deshalb musste sich die Bank in den vergangenen Jahren immer wieder auf riskante internationale Investmentgeschäfte einlassen, für die sie eigentlich zu klein ist. Nur so konnte sie die Kosten für den großen Mitarbeiterstab und eine akzeptable Rendite für die Eigentümer erwirtschaften. Die Schattenseite: die riskanten Geschäfte führten immer wieder zu dramatischen Verlusten.

Was waren die schlimmsten Pannen, die auf dem Weg in die Krise passierten?

Bereits Anfang dieses Jahrzehnts stolperte die Bank das erste Mal über hochriskante Investmentgeschäfte. Der Skandal um den britischen Fernsehverleiher Boxclever und andere Auslandsengagements riss Milliardenlöcher in die Bilanz. Insgesamt summierten sich die Verluste des Geldinstituts in den Jahren 2002 bis 2004 auf mehr als 4,7 Milliarden Euro. Im vergangenen Jahr sorgten dann misslungene Aktienspekulationen erneut für Verluste von mehr als 600 Millionen Euro. Doch noch schwerwiegender war für das angeschlagene Institut sein Engagement im US-Immobiliengeschäft, das jetzt Milliardengarantien der Eigentümer nötig macht.

Wie groß ist die aktuelle Finanzlücke der Bank?

Genau kann das niemand sagen, nicht einmal Bank-Chef Alexander Stuhlmann. 2007 machte die Bank bereits einen Verlust von rund einer Milliarde Euro. Doch größere Sorgen bereiten dem Geldinstitut die schwelenden Risiken aus dem Engagement im US-Subprime-Markt. Immerhin gelten Papiere in einem Nominalwert von 23 Milliarden Euro als risikobehaftet. Sie sollen in eine Zweckgesellschaft ausgelagert werden. Dafür wollen die WestLB-Eigentümer einen Garantieschirm in Höhe von fünf Milliarden Euro spannen.

Wie wird das Geld aufgebracht?

Zwei Milliarden Euro werden von den Eigentümern gemäß ihrer Beteiligung an der WestLB aufgebracht. Das heißt die Sparkassen zahlen gut die Hälfte der Summe, das Land 38 Prozent. Der Rest entfällt auf die Landschaftsverbände. Für die restlichen drei Milliarden Euro steht das Land alleine - und damit letztlich der Steuerzahler - gerade. Allerdings geht es zunächst nur um eine Garantieerklärung. Wie viel von dem Geld wirklich gebraucht wird, kann derzeit noch niemand sagen.

Warum geht das Land ein derartiges Risiko ein?

Ministerpräsident Jürgen Rüttgers begründete die Milliardenbürgschaft des Landes damit, dass die Risiken einer WestLB-Pleite unkalkulierbar seien. Es gehe darum, eine Situation zu vermeiden, deren Folgen für die Wirtschaft und das Bankensystem niemand abschätzen könne.

Was soll sich bei der WestLB ändern?

Das neue Geschäftsmodell soll der WestLB mehr Gewinnmöglichkeiten eröffnen. So kann die Bank künftig bei mittelständischen Kunden mit einem Umsatz von mehr als 50 Millionen Euro den Sparkassen Konkurrenz machen. Außerdem soll die Position des Geldinstituts als Zentralbank der Sparkassen gestärkt werden. Doch wichtiger noch ist: Die Eigentümer sind sich einig, dass die Bank rasch einen Fusionspartnern finden muss. Favorit ist derzeit die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba). Durch die Ausgliederung der Portfolio-Risiken gehe die Bank gestärkt in die Fusionsverhandlungen, hieß es in Düsseldorf.

Ist die Bank damit endgültig gerettet?

Sicher kann das niemand sagen. Zwar beteuern die Verantwortlichen der Bank, dass die Risiken jetzt mit größter Sorgfalt geprüft worden seien. Doch ist die Entwicklung auf den internationalen Finanzmärkten derzeit so unkalkulierbar, dass niemand eine Garantie wagt.

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Lio/ AP