BRASILIEN IWF gewährt Brasilien 30-Milliarden-Dollar-Kredit

Die höchste Summe, die je an ein einzelnes Land ausgezahlt wurde, ist laut IWF-Chef Köhler auch eine Belohnung: »Wirtschaftspolitik hat Unterstützung verdient«.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat dem in einer Finanzkrise steckenden Land Brasilien eine neue Finanzspritze in der Rekordhöhe von 30 Milliarden Dollar gewährt. Zudem gestattet der IWF dem südamerikanischen Land, seine Devisenreserven um zehn Milliarden Dollar zu reduzieren, teilte der Fonds am Mittwoch in Washington mit.

IWF signalisiert Unterstützung

Damit verfügt die stärkste Volkswirtschaft Lateinamerikas effektiv über einen Betrag von insgesamt 40 Milliarden Dollar. 80 Prozent der zugesagten 30 Milliarden Dollar sollen dem Land bereits im kommenden Jahr zugänglich gemacht werden. Mit dem Geld soll nach IWF-Angaben eine drohende Wirtschaftskrise verhindert werden. Der IWF zeigte sich bereit, nach den Präsidentschaftswahlen im Oktober jede neue brasilianische Regierung zu unterstützen, die eine »vernünftige Politik« verfolge.

Möglicher Regierungswechsel beunruhigt Märkte

»Indem Schwächen und Unsicherheiten reduziert werden, schlägt das neue IWF-unterstützte Programm eine Brücke zu der neuen Regierung, die ihre Arbeit Anfang 2003 aufnimm«», erklärte IWF-Chef Horst Köhler. Hohe Umfragewerte für zwei linksgerichtete Präsidentschaftskandidaten hatten an den Finanzmärkten die Befürchtung geweckt, die Politiker könnten im Falle eines Wahlsiegs vom Sparkurs abweichen und die Rückzahlung der Staatsschulden von derzeit 250 Milliarden Dollar einstellen. Die Landeswährung Real befindet sich seit Monaten auf Talfahrt.

Marktreaktion entscheidet über Erfolg

Brasiliens Präsident Fernando Henrique Cardoso nannte die Finanzspritze des IWF »Sauerstoff« für die Konjunktur des Landes, die sich von den Märkten nicht abwürgen lässt. »Die Aufgabe des IWF ist positiv und sollte verstärkt werden«, fügte der sozialdemokratische Präsident hinzu. Experten befürworteten das Abkommen. Allerdings entscheidet schließlich die Marktreaktion über den Erfolg, hieß es. »Wichtig ist jetzt, wie es (das Abkommen) Kapital- und Kreditbewegungen nach Brasilien beeinflusst«, sagte der Volkswirt Constantin Jancso von dem Unternehmen MCM in Sao Paulo.

Haushaltsüberschuss als Preis

Der Fonds erwartet im Gegenzug für die Finanzspritze, dass Brasilien im kommenden Jahr einen Haushaltsüberschuss von mindestens 3,75 Prozent erzielt. Die Verfolgung dieses Ziels soll jedes Quartal überprüft werden. Einen Haushaltsüberschuss in der genannten Größenordnung verlangt der IWF von Brasilien auch für die Jahre 2004 und 2005.

Sozialisten wollen Sparkurs weiterführen

Die schwere Finanzkrise in Argentinien hatte Befürchtungen geweckt, Brasilien könnte ebenfalls in eine akute Schuldenkrise stürzen. Die Sorgen waren zudem durch Spekulationen verstärkt worden, einer der linken Präsidentschaftsbewerber könnte im Falle eines Wahlsieges von der vereinbarten Sparpolitik abweichen. Der Kandidat von Cardosos regierenden Sozialdemokraten für die Wahlen im Oktober, Jose Serra, liegt in Umfragen derzeit hinter den linken Mitbewerbern Ciro Gomes und Luiz Inacio Lula da Silva. Gomes hatte am Mittwoch in einer Rede an der Universität von Brasilia seine Unterstützung für das Abkommen mit dem IWF signalisiert, auch wenn es ihm innerlich widerstrebe. Ob er sich im Falle eines Wahlsieges an die mit dem IWF vereinbarte Politik halten wird, ließ er jedoch offen.